Wien - Im Rahmen eines von der "Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz" (ECRI) organisierten Runden Tisches haben Experten am Dienstag in Wien den politischen Diskurs in Österreich kritisiert. Dieser sei durchzogen von rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Argumenten, merkte etwa die renommierte Linguistin Ruth Wodak von der Universität Wien an.

Wodak verwies in ihrem Vortrag unter anderem auf die umstrittenen Äußerungen des BZÖ-Bundesrates Siegfried Kampl. Dieser hatte im April dieses Jahres in der Länderkammer Wehrmachtsdeserteure zum Teil als "Kameradenmörder" bezeichnet und von einer "Naziverfolgung" in der Nachkriegszeit gesprochen.

Auch die jüngste FPÖ-Kampagne anlässlich der Wien-Wahl am 23.Oktober sei ein Beispiel dafür, wie sehr im politischen Meinungskampf auf Vorurteile gesetzt werde, so Wodak. Auf Plakaten wirbt FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache mit dem Slogan "Für uns Wiener" und stellt dem im "Duell um Wien" das vermeintliche SPÖ-Motto "Für mehr Zuwanderung" gegenüber. Diese "Wir und die Anderen"-Rhetorik sei die Basis für neue Stereotype, sagte Wodak, die auch an der britischen Universität Lancaster lehrt.

Beate Winkler, Leiterin der in Wien ansässigen "Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" (EUMC), machte deutlich, dass es sich dabei jedoch nicht ausschließlich um österreichische Probleme handle. In allen untersuchten europäischen Staaten sei nicht zuletzt nach dem 11.September eine zunehmende Angst vor Immigration festzustellen. Speziell in Wahlkampfzeiten werde diese Verunsicherung in der Bevölkerung von einem Teil der Politiker bewusst "missbraucht", so Winkler.

Der Runde Tisch in Österreich ist Teil einer Reihe von ECRI-Veranstaltungen in den Mitgliedstaaten des Europarates, die im Rahmen eines Aktionsprogrammes zur Intensivierung der Kontakte mit der Zivilgesellschaft organisiert werden. Grundlage der Tagung in Österreich ist der im vergangenen Frühjahr veröffentlichte ECRI-Bericht über Österreich. Dieser ergab, dass Österreich in zahlreichen Bereichen wie etwa dem Unterricht der Menschenrechte an den Schulen und den Gesetzen zur Bekämpfung der Diskriminierung, Fortschritte gemacht hat. Allerdings ziehe "der Rassismus und die rassische Diskriminierung weiterhin das Alltagsleben der Mitglieder von Minderheitengruppen in Mitleidenschaft, insbesondere der Schwarzafrikaner, der Moslems und der Roma", heißt es in dem Bericht. (APA)