Es ist von enormer Bedeutung, dass jeder Mensch, der arbeitslos ist, eine Chance erhält, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen: Denn einerseits ist mit der Arbeit der Erwerb des Lebensunterhalts verbunden, und andererseits ist Beschäftigung identitätsstiftend und wichtig für das Selbstwertgefühl.

Um eine sinnvolle und nachhaltige - nicht nur eine "gut gemeinte" - Integration von langzeitarbeitslosen Menschen in den primären Arbeitsmarkt zu ermöglichen, sind nach meiner Einschätzung folgende Rahmenbedingungen Grundvoraussetzung:

1. Sozialarbeiterische und psychosoziale Begleitung: Wie langjährige Erfahrungen zeigen, ist eine nachhaltige Integration und damit eine Vermittlung an Unternehmen in der Privatwirtschaft ohne entsprechende Begleitung kaum möglich - vor allem im Hinblick auf die notwendige Förderung von sozialen Qualifikationen.

2. Individuelle Betreuung: Der Verlust sozialer Fähigkeiten tritt nicht bei jedem Menschen in gleicher Weise auf - jedenfalls bedeutet professionelle Begleitung Rücksichtnahme auf die Fähigkeiten der zu integrierenden Menschen.

3. Ausreichende Dauer der Projekte und der Begleitung: Die Erfahrung aus Projekten unterschiedlicher Trägerorganisationen zeigt, dass eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt oder eine Vermittlung an ein kommerzielles Unternehmen in der Regel vor einem Jahr nicht möglich ist. Deshalb werden die Verträge mit dem AMS auch zumindest auf ein Jahr abgeschlossen.

4. Anstellungsverhältnis: Dienstgeber der Langzeitarbeitslosen sind bis dato meist die Projektträgerorganisationen. Dadurch sind eine eindeutige Zuordnung sowie eine effiziente Verwaltung der arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüche gesichert.

5. Entlohnung: Der Grundsatz "Gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit" ist im Hinblick auf die Motivation der Betroffenen unverzichtbar.

6. Zusammenarbeit mit erfahrenen Organisationen: Um eine wirklich gesicherte und professionelle Arbeit in diesem Bereich zu garantieren, scheint es - auch aus ökonomischen Gründen - sinnvoll, an bereits bestehende Strukturen und Erfahrungen anerkannter Organisationen anzuschließen.

Zwang demotiviert

7. Keine "Zwangsarbeit": Die Menschen sollen aktiviert und motiviert werden, um sich in der realen Arbeitsmarktsituation zu bewähren - Zwang bietet keinen positiven Anreiz. Zudem zeigt die Erfahrung, dass beachtliche Motivation für sinnvolle Arbeit unter inhaltlich vernünftigen Rahmenbedingungen vorhanden ist.

8. Erweiterter Arbeitsmarkt für besonders Benachteiligte - wie von der Caritas immer wieder gefordert, um die Effizienz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen für diesen Personenkreis zu steigern.

Was nun das von der Koalition vorgeschlagene Pilotprojekt "Integra" betrifft, so handelt es sich dabei um eine traditionelle Trainingsmaßnahme im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik und unterscheidet sich damit positiv vom ursprünglichen Regierungsprogramm; einige der darin noch enthaltenen besonders problematischen Punkte wurden entschärft.

Das bisher bekannt gewordene Konzept enthält allerdings zahlreiche Widersprüche und Probleme, die unbedingt ausgeräumt werden müssen, bevor das Modell wirklich Sinn ergibt:

Ein grundsätzlicher Widerspruch besteht darin, dass zwar einerseits das Ziel formuliert wird, ein reguläres Dienstverhältnis im so genannten "ersten" Arbeitsmarkt zu erreichen, andererseits die Qualifikation dazu in nicht marktfähigen Tätigkeiten erfolgen soll. Eine sinnvolle und adäquate Qualifizierung ist jedoch unabdingbar, wenn erfolgreiche Integration bewusst angestrebt wird.

Diese Maßnahme ist überdies ausschließlich für Menschen vorgesehen, die bereits als job-ready angesehen werden. Es wird davon ausgegangen, dass neben der Arbeitslosigkeit für sie keine weiteren Hindernisse für die Integration auf dem Arbeitsmarkt vorliegen.

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass dies in dieser Pauschalität nicht zutrifft, denn je nach Dauer der Arbeitslosigkeit kommt es bei langzeitarbeitslosen Menschen oft zu Verlust von Selbstbewusstsein und sozialen Fähigkeiten.

Unterhalt statt Lohn?

"Integra" ist auch deshalb ein Rückschritt gegenüber den bisher praktizierten Modellen, weil unter anderem keine Anstellung durch den Träger erfolgt und keine kollektivvertragliche Entlohnung vorgesehen ist. Statt dessen wird bei "Integra" ähnlich wie bei Schulungsmaßnahmen vorgegangen. Es wird nur eine Deckung des Lebensunterhalts gewährt. Diese Maßnahme ist daher keine ausgereifte Ergänzung des bisherigen Angebots an Instrumenten, um langzeitarbeitslosen Menschen eine wirksame Chance zur Integration zu geben. Es muss befürchtet werden, dass die Finanzierung zulasten anderer Arbeitsprojekte für Personen, die nicht leicht vermittelbar sind, geht.

Franz Küberl ist Präsident der Caritas.