Die Zeit der Bekennerschreiben/ und -faxe nach Anschlägen ist vorbei. Heutzutage wird entweder ein Videoband an einen Fernsehsender geschickt, oder die Terroristen veröffentlichen ihre Erklärungen "im Internet".

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Warum verlinken Online-Medien nicht direkt auf solche Bekennerschreiben bzw. -videos? Warum finden Suchmaschinen kaum Material, wenn man Zitate aus den Bekennerschreiben als Suchbegriffe einsetzt?

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Abgesehen vom Sprachproblem: Wenn die Adressen von Terroristen benutzter Webseiten bekannt werden, sind diese meist längst eingestellt - das Internet-Archiv von Archive.org hilft hier weiter, wenn die Betreiber der vom Netz genommenen Seiten dies nicht ausdrücklich unterbunden haben.

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So sah Babar Ahmads "azzar.com" aus, bevor die Seite nach den Anschlägen des 11. September vom Netz genommen wurde. azzar.com war laut Washington Post eine der ersten englischsprachigen Jihad-Seiten. Auf der Seite wurde zu Spenden für die Aufständischen in Tschetschenien und die Taliban in Afghanistan aufgerufen.

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Außerdem wurde das Video "Martyrs of Bosnia - stories of foreign Mujahideen killed in Bosnia" (gedreht 1997) zum Kauf angeboten.

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Der Betreiber der Webseite, Babar Ahmad, ist seit 2004 inhaftiert, über seine Auslieferung an die USA soll demnächst entschieden werden. Ihm wird außer dem Betrieb seiner Webseite (Artikel in "The Times") vorgeworfen, er habe versucht, 5000 Tonnen Schwefelphosphat zum Bombenbau zu kaufen.

Montage: derStandard.at/Foto: APA/epa/Chris Young

Babar Ahmad hat zahlreiche Nachfolger: Gabriel Weimann, Professor an der Universität Haifa, beobachtet seit 1997 Jihad-Webseiten. Damals fand er 12 davon - mittlerweile sind ihm über 4500 bekannt.

Bild: "Thurwat Al-Sinam" - "Der Buckel des Kamels"

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Seit Ende September 2005 ist das "Al-Kaida-TV" The Voice of the Caliphate im Netz, berichtet die Washington Post. Allerdings liegt die erste Sendung beim Freespace-Provider yousendit.com, der nur 25 Downloads erlaubt.

Link

Transkript der ersten Sendung auf memritv.org

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Die Recherche nach Bomben-Bauanleitungen führt unter anderem auf rechtsradikale Foren.

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Auf der tschetschenischen Webseite kavkazcenter.com bieten die Rebellen Videos ihrer Anschläge zum Download an.

Als Mastermind hinter Kavkaz-Center gilt der von Moskau gesuchte, ehemalige tschetschenische Informationsminister und "Chefideologe" der Rebellen, Mowladi Udugow.

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Teilweise sind die Texte, in denen zum Heiligen Krieg aufgerufen wird, auch auf Deutsch verfügbar.

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Auch zur Ausbildung des Terroristennachwuchses, schreibt die "Washington Post", verwendet Al-Kaida das Internet. Michael Scheuer, der für die CIA nach Osama bin Laden suchte, beklagt, dass die Terroristen dadurch schwerer greifbar sind: "Früher führten sie auf ihren Reisen zu den Trainigscamps im Sudan, im Jemen oder in Afghanistan belastende Dokumente und Pläne mit sich - heutzutage wird dieses Material verschlüsselt per E-Mail verschickt und geht unter Milliarden anderer Nachrichten verloren."

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Wie authentisch solche Publikationen sind, muss wohl von Fall zu Fall entschieden werden: Die Journalisten, die in einer verlassenen Taliban-Stellung die Anleitung "How To Build An Atom Bomb" abfilmten und damit in die Schlagzeilen kamen, können ein Lied davon singen.

Links

BBC-Video

CNN-Bericht

Protokoll einer Pressekonferenz von US-Heimatschutzminister Tom Ridge

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Als Jason Scott von rotten.com die Passage "The device basically works" durch eine Suchmaschine laufen ließ und dabei auf ein Satiremagazin aus dem Jahr 1979 stieß, war den renommierten Reportern weltweiter Spott sicher.

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Auch in der Redaktion von derStandard.at/Politik sind wir uns nicht immer einig, wie mit "im Internet" veröffentlichten Dokumenten umzugehen ist - Geschichten wie die angebliche Enthauptung einer Geisel im Irak, die von Benjamin Vanderford in einer Garage in Kalifornien (Bild) gedreht wurde, haben uns vorsichtig gemacht. (bed)

Foto: AP/Ron Harris

Links

Die Jihad-Websites bestehen meist nicht lang und sind schwer zu finden. Einen Überblick und Screenshots finden Sie unter

intelcenter.com

haganah.org.il/jihadi

http://www.intelligence.org.il
/eng/sib/8_04

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