Wien - Wie kaum sonst ist die Kanzlerpartei beim Thema "Ehe light", sei es nun für hetero- oder homosexuelle Paare, gespalten. Fast in jeder Landespartei gibt es Befürworter - am Freitag meldete sich einmal mehr Wiens ÖVP-Chef Johannes Hahn zu Wort - wie Gegner. Der Bruch verläuft auch zwischen ländlicher Funktionärsbasis und städtischer Parteielite. Für die Gemeinderäte und Bürgermeister ist die Ehe die Norm und eine Scheidung ein Scheitern. "Das ist die breite Basis. Das haben wir zu beachten", meint ein schwarzer Stratege.
Der größte Widerstand kommt aber von ganz oben, von Wolfgang Schüssel selbst. Dabei dürfte ihn gerade seine persönliche Erfahrung für moderne Familienverhältnisse sensibilisiert haben: Schüssel wurde zuerst von seiner geschiedenen Mutter und dann von einer Tante erzogen - erlebte also alles andere als die heile Familienwelt.
Vielleicht auch deshalb pflegt er jede Auflockerung der Institution Ehe kategorisch abzublocken. Im Jänner 2004 wies der ÖVP-Parlamentsklub sogar eine Stellungnahme des Ökumenischen Rates (der Dachorganisation der christlichen Kirchen) zurück, in der von "besonderer Beachtung von neuen Formen der Lebensgemeinschaft" die Rede war. Die Antwort: "Nach wie vor bilden Ehe und Familie die Grundlage unserer Gesellschaft." "In der ÖVP finden eben immer noch viele, dass der Staat das Recht hat, eine bestimmte Form des Zusammenlebens zu fördern: Vater, Mutter, Kind", seufzt eine junge Abgeordnete. Die Debatte über eine "Homoehe light" gilt vielen Konservativen deshalb als so gefährlich, weil dann auch die "Heteroehe light" drohe.
"Deshalb"
Beinahe legendär ist Schüssels öffentliche Begründung, warum er gegen die "Homoehe" sei: "Deshalb." Parteiintern soll er dieses Thema auch mit dem Verweis "Die Gigi will das nicht" abgewürgt haben. Ob dieser Satz tatsächlich gefallen ist, kann niemand bestätigen. Klar ist, dass Schüssels Frau Krista, gerufen Gigi, eine Kinderpsychologin, in dieser Frage großen Einfluss hat. Nur in diesem Punkt folgt ihm auch seine Partei: Ein Adoptionsrecht für Homo-Paare geht selbst urbanen Schwarzen wie Hahn zu weit. (DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.09.2005)