Was ist zu lernen aus dem deutschen (vorläufigen) Wahlergebnis?

1. Dass unter den gegebenen Umständen das Vertrauen in die traditionelle Politik erschüttert ist. Die Menschen wollen Arbeit, Einkommen, soziale Sicherheit und keine weiteren Experimente. Eine Erkenntnis, die übrigens auch aus der Volksabstimmung über die EU-Verfassung insbesondere in Frankreich zu ziehen war.

2. Dass zumindest diejenigen, die sich als Alternative anbieten, ein ganz klares Programm haben oder fürchten müssen, dass die WählerInnen andernfalls lieber bekannte Größen wählen, mögen die auch wenig faszinierend sein. Da hat etwa die CDU/CSU oder noch klarer: Frau Merkel mit ihrem Wahlkampfstar Kirchhof einen ordentlichen Bock geschossen.

3. Die FDP wiederum hat durchaus von der Klarheit ihres wirtschaftsliberalen Programms – und ganz massiv von CDU-Zweitstimmen – profitiert.

4. Die Linkspartei wiederum hat zwar auch ein klares Programm, aber eine nicht wirklich zweckmäßige Koalitionsansage gehabt. Die Zeit war zwar reif für ein solches Experiment. Aber wer Merkel und Westerwelle verhindern wollte, der musste eigentlich Schröder wählen, da die Wahl der Linkspartei zwar Protest signalisieren, aber nicht die konservative Wende verhindern konnte.

5. Dass die Zeit durchaus reif gewesen wäre, erstmals in Deutschland eine Frau zur Bundeskanzlerin zu wählen. Falls sie es nicht werden sollte liegt das jedenfalls nicht an ihrem Geschlecht.

6. Für alle die, die sich an den Wahlabend der deutschen Bundestagswahl 2002 erinnern: dass sich Herr Stoiber offenbar oft zu früh freut. Aber er kann sich wenigstens freuen, wenn auch nur in der ersten Hälfte des Abends.

Und was bedeutet das für Österreich?

Dass unter den gegebenen Bedingungen wirtschaftlicher und sozialer Unsicherheit auch eine Regierung, die weitgehend abgewirtschaftet hat, nicht leicht zu schlagen ist und dass ein klares Programm dazu wichtiger ist, als kurz vor der Wahl präsentierte Wunderwuzis, die dann anfangen ihr eigenes Spiel zu spielen.