Wien - Legendär war das gespannte Verhältnis des am Dienstag
verstorbenen Nazi-Jägers Simon Wiesenthal zum SPÖ-Bundeskanzler Bruno
Kreisky, der selbst Jude war und vor den Nationalsozialisten fliehen
hatte müssen. Dieser Konflikt brachte Wiesenthal ab den siebziger
Jahren immer wieder in die Schlagzeilen. So protestierte er 1970
gegen vier Minister der Minderheitsregierung Kreiskys mit
NS-Vergangenheit: es handelte sich dabei um Otto Rösch
(Innenminister), Josef Moser (Bauminister), Erwin Frühbauer
(Verkehrsminister) und Hans Öllinger (Landwirtschaftsminister).
Penibel listet Wiesenthal in seinen Lebenserinnerungen "Recht, nicht
Rache" die NSDAP-Mitgliedsnummern der Genannten auf.
Mitte der siebziger Jahre deckte Wiesenthal die SS-Vergangenheit
des damaligen FPÖ-Obmannes Friedrich Peter auf, der politisch ein
gutes Verhältnis zu Kreisky aufgebaut und dessen Minderheitsregierung
unterstützt hatte. In einer Pressekonferenz präsentierte er den
Journalisten das über Peter zusammengetragene Material. Kreisky
konterte mit einem TV-Auftritt, in dem er Peter verteidigte und
erklärte, er glaube diesem, wenn er sage, dass er sich keiner
NS-Kriegsverbrechen schuldig gemacht habe.
"Kreisky hat verloren"
Als Kreisky darauf auch noch den Verdacht in den Raum stellte,
Wiesenthal selbst könnte ein Nazi-Kollaborateur gewesen sein, klagte
dieser. Kreisky nahm die Äußerung zurück, erhob sie aber rund ein
Jahrzehnt später neuerlich, konnte den Wahrheitsbeweis nicht antreten
und wurde wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von damals 270.000
Schilling verurteilt. "Kreisky hat verloren, und anstatt die
Geldstrafe zu bezahlen, ist er gestorben", hat Wiesenthal den Ausgang
dieses Konflikts Jahre später kommentiert.
Der jetzige Bundespräsident und damalige SP-Klubobmann Heinz
Fischer hatte einen Untersuchungsausschuss gegen Wiesenthal
vorgeschlagen, der aber letztlich nicht zu Stande kam. Im
Präsidentschaftswahlkampf hatte Fischer dazu erklärt: "Ich würde
heute anders und reifer handeln und es tut mir leid, dass ich damals
keinen besseren Weg zur Bereinigung des Konflikts gefunden habe."
Anfang Juni dieses Jahres hat Fischer Wiesenthal das Große Goldene
Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich überreicht. (APA)