Netzpolitik
Rechtsextremisten mit neuen Aktivitäten im Internet
Listen mit Adressen politischer Gegner veröffentlicht
Mainz - Die rechtsextremistischen Aktivitäten im Internet haben nach Recherchen des ZDF-Magazins "Kennzeichen D" einen
neuen Höhepunkt erreicht. Seit kurzem stellten Neonazis Listen mit Namen und Privatadressen von Personen, die sie als politische Gegner
betrachteten, ins Internet, berichtete das ZDF am Dienstag. So stünden in einer "Schwarzen Liste" Namen von Journalisten und Ausländern,
die mit Zuordnungen wie "Grund für Ärger: Kanake", "Zecke", bzw. "kooperiert mit Kanaken" belegt würden.
Noch aggressiver agiere die so genannte "Kameradschaft Gera". Sie verbreite im Netz einen Steckbrief mit zahlreichen Fotos von einem
DGB-Jugendbildungsreferenten, der sich gegen Rechtsradikalismus engagiere. Der Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, Reinhard
Wagner, sieht nach Angaben des Magazins in solchem Vorgehen eine neue Qualität im Umgang mit dem politischen Gegner im Internet.
Sie dienten in erster Linie der Einschüchterung, aber es bestehe auch die Gefahr, dass Einzeltäter diese Informationen nutzen, um Straftaten
gegen die genannten Personen vorzunehmen, sagte Wagner dem ZDF.
Der Sprecher des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Rüdiger Hesse, ergänzte, dass zunehmend eine Spezialisierung der
Hasspropaganda auf jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger registriert werde: "Das ist eine neue Entwicklung, die wir feststellen."
Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, warnte im Gespräch mit "Kennzeichen D" vor der
zunehmenden Aggressivität von Neonazis im Internet und fragte, "warum wir mit Zeitlupe den Dingen hinterherlaufen, von denen wir wissen,
dass sie mittlerweile mit high speed online unterwegs sind". Er habe kein Verständnis dafür, "dass Politik, Justiz und Polizei so nachlässig und
zeitlupenmäßig ragieren". Rechtsextremismus im Internet sei "eine der schwierigsten, problematischsten Fragen, und die Politik scheint erst
einmal einen Offenbarungseid zu leisten", sagte Friedman.
Auch Musikangebote rufen nach Angaben des Magazins zum Terror auf. Eine im Internet angebotene CD mit dem Titel "Die Härte" verbreite
offene Terroraufrufe zu Melodien der "Neuen Deutschen Welle". (APA/dpa)