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Diesmal fiel keine leere Colaflasche vom Himmel. Diesmal mussten die Götter nicht "verrückt" sein wie in Jamie Uys' Buschmänner-Film von 1980, sondern eher beeindruckt von deren Kampf. Und so meinten sie es diesmal besser mit den Buschleuten: Einer der ihren, Roy Sesana, gewann Donnerstag mit seiner Organisation "First People of the Kalahari" den Alternativen Nobelpreis.

Ob der Anführer des urwüchsigen San-Volkes diesen im November in Stockholm auch in Empfang nehmen kann, ist fraglich. Denn Roy Sesana wurde mit 27 anderen Buschleuten am vergangenen Montag in Botswana festgenommen, wegen Verstoßes gegen das Versammlungsverbot und Ausschreitungen gegen die Staatsgewalt.

Der Vorfall trug sich in New Xade zu, einem gottverlassenen Nest am Rande des "Central Kalahari Game"-Reservates. Dort zeigt sich der Konflikt zwischen den Buschleuten und der Regierung in Gaborone beispielhaft: An die 2500 San, die seit Jahrtausenden in dem extrem kargen Gebiet so groß wie die Schweiz überleben, wurden dorthin umgesiedelt. Die Regierung behauptet, sie könnten außerhalb des Reservats besser in die Gesellschaft integriert werden. Sesane und seine Leute hingegen sind überzeugt, dass es Gaborone und dem mit der Regierung über ein Jointventure verbundenen Bergbau-Multi De Beers um die Ausbeutung der Diamantenvorkommen im Reservat geht.

BBC-Reporter berichten von Krankheiten, Gewalttätigkeit und Alkoholismus in den Lagern. Roy Sesana sagt, die Buschleute verlören ihre traditionelle Lebensweise. In einem Brief an US-Präsident George W. Bush schrieb er im Juni: "Wir sterben. Wir wollen nach Hause. Dort können wir nahe unserer Vorfahren leben, die uns heilen."

Vergangenes Jahr brachte Sesana sein Anliegen selbst dem Kongress in Washington vor. Damals sprach die botswanische Botschaft dem drahtigen Buschmann mit der Vorliebe für selbst gedrehte Zigaretten ab, alle San zu vertreten. Er solle doch froh sein, dass die Familien der Buschleute nun Wasser, Gesundheitsversorgung und Schulbildung hätten, die aus den Diamanteneinnahmen Botswanas finanziert werden.

In der Tat ist das südafrikanische Land eines der wenigen auf dem Kontinent, die erfolgreich sind: Seit seiner Unabhängigkeit in den 1960er-Jahren herrschten immer demokratische Verhältnisse; die Wirtschaft prosperiert dank des Diamantenabbaus; es gibt verhältnismäßig wenig Korruption und Menschenrechtsverletzungen. Dass manche Bürger dennoch wie vor Jahrtausenden in ihrer angestammten Heimat leben wollen, passt nicht unbedingt in Botswanas Erfolgsgeschichte.

Möglich, dass Roy Sesana mit dem Nobelpreis nun nicht nur die Götter, sondern auch Gaborone beeindruckt. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 30.9.2005)