Rebhandl, der Autor von Drehbüchern wie Ternitz, Tennessee, Auf Wolke 7 oder Folgen der deutschen TV-Krimireihe Polizeiruf 110 - nun mit einem gelungenen Krimidebüt.

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Manfred Rebhandl
Lebensabende und Blutbäder
(€15;–/224 Seiten)
Czernin Verlag

Foto: Buchcover Czernin Verlag

Der 39-jährige oberösterreichische Autor Manfred Rebhandl legt mit seinem Romandebüt "Lebensabende und Blutbäder" den lustigsten Krimi des Jahres vor. Eine Achterbahnfahrt zwischen Nachdurst und der Traurigkeit in schönen Landschaften. Eine Begegnung.

Wien – Das Wichtigste bei einem Krimi ist die ordentliche Inszenierung des Protagonisten. Und mit der Figur des im Ausseer Land beheimateten glück- und freudlosen Gendarmen Biermösel ("Nur Bier, nie Möse!") ist dem aus Windischgarsten gebürtigen Autor Manfred Rebhandl diesbezüglich sozusagen ein gewaltiger Wurf gelungen. Auch im Sinne von Gewaltakt. Stichwort: Die Provinz gebiert Monster.

In seinem Romandebüt Lebensabende und Blutbäder lernen wir nicht nur einen der depressivsten und untalentiertesten Ermittler kennen, die die Welt nicht braucht. Von wegen: Wenn die Aufklärung eines Verbrechens nicht zum Kommissar kommt, dann soll sie sich noch eine Halbe bestellen und sonst aber ganz kusch sein! Zitat: "Dass er den Schlefsky im Blutbad ersoffen aufgefunden hat? Dazu von ihm abschließend nur noch zwei Worte: ,Mir wurscht!‘"

Rebhandl, der Autor von Drehbüchern wie Ternitz, Tennessee, Auf Wolke 7 oder Folgen der deutschen TV-Krimireihe Polizeiruf 110, bringt in seiner abenteuerlichen Geschichte auch viel Herzblut ein. Das wird, so wie andere Lebenssäfte, in der Folge recht großzügig verspritzt werden. Anders als österreichische Kollegen im Kriminalfach wie Alfred Komarek, Eva Rossmann oder Wolf Haas geht Rebhandl hier im Dauerregen einer unglücklichen Landidylle nicht nur sprachlich in die Vollen. Mit Komarek teilt sich Rebhandl die Herkunft, mit Rossmann die Vorliebe, auch essensmäßig gehörig aufzutischen, mit Haas die hohe Kunst, Umgangssprache zu einer ebensolchen zu erhöhen und zu verdichten.

Zwischen Schweinsbraten, Alkoholabusus, inzestuösen Sittenbildern, der brüllend komischen Schilderung von lächerlichen, selbstmitleidigen Stammtischbrüdern wie todtraurigen Frauen, die dann eh immer alles ausbaden oder wegwischen müssen, und einem abschließenden Amoklauf inklusive Jenseitserlebnissen mit dem Heiligen Christophorus ist hier doch auch einiges los. Das hätte man in Postkartenlandschaften so gar nicht vermutet.

Manfred Rebhandl: "Ich muss immer auch selber lachen, wenn ich jetzt diverse Romanstellen lese. Das ist doch witzig! Für den Heiligen Christophorus habe ich zum Beispiel als Vorlage die Memoiren von Dieter Bohlen genommen. Ich dachte, dass so ein Heiliger, der immer nur mit jammernden Versagern zu tun hat, die sich betrunken im Auto totfahren und nicht wie Hildegard von Bingen die pflegeleichteren Esoterik-Rentnerinnen abbekommt, so einen flapsigen Beschwerdeton haben müsste. Von wegen, was wollt ihr dauernd von mir, ihr Gfraster?!"

Blut und Rausch

Das Kapitel mit dem Heiligen Christophorus ist aber nur ein Höhepunkt in einem mit dunkelschwarzem Humor, Spiegeltrinkern, fetttriefenden Bratl-Reindeln und Bluträuschen voll gestellten Werk.

Manfred Rebhandl: "Selbstverständlich ist das Trash und nicht hohe Literatur! Ich bekenne mich aber trotz aller Ernsthaftigkeit, sprachlich dieses Provinzelend verdichten zu wollen, schon zu einem. Ich will den Leser unterhalten. Insofern kommt mir meine filmische Sicht von Stoffen sehr entgegen."

So fährt dann der Biermösel zwischen schwerem Dienst (Bier) und unverdientem Feierabend (Schnaps) wieder einmal komplett betrunken auf seinem Dienstmoped durch den nächtlichen Wald. Vollgas mit 60 km/h. Er sinniert über gestohlene Handtaschen von ins Ausseer Land einfallenden "deutschen Sextouristen", über verschwundene Hunde, seinen "imposanten Negativlauf be 4. Spalte züglich Damen" und überhaupt über eine komplett verfahrene Lebensgestaltung und darüber, "dass es unten herum hinten und vorne nicht mehr passt". Sein Lebenstraum, statt unbegabter Gendarm ein begnadeter Bierfahrer zu werden, blieb unerfüllt.

Soll er sich also tatsächlich auch noch mit ostdeutschen Zuhältern herumschlagen, die ziemlich drastisch gemeuchelt in ihren Ferienhäusern über dem Ausseer See herumliegen? Lieber noch einen Doppelten aufs Haus!

Manfred Rebhandl: "Geh' in irgendein Dorfwirtshaus hinein. Solche Typen wie den Biermösel findest du überall. Es ist ja überhaupt ein Wahnsinn, was sich am Land alles an Tragödien abspielt." Das ist traurig. Aber man kann darüber sehr laut lachen. (DER STANDARD, Printausgabe, 1./2.10.2005)