Salzburg - Zehn Künstler oder Künstlerkollektive werden im Festival "Kontracom 06" die prominentesten Plätze der Salzburger Innenstadt bespielen - das Büro "Mozart 2006" hat das Detail-Programm präsentiert. Kurator Max Hollein, Architekten-Sohn und Leiter der Frankfurter Kunsthalle Schirn, hat Projekte organisiert, in denen die Künstler in der Festival-Zeit von 12. Mai bis 16. Juni keine Skulpturen aufstellen, sondern die öffentlichen Räume beleben, kommentieren, benutzen, vereinnahmen und neu interpretieren werden.

"Es geht um eine Auseinandersetzung mit der Stadt, und zwar mit dem Kern dieser touristischen und musealen Stadt", so Hollein bei der Präsentation. "Man wird dieser Art von Kunst nicht auskommen, sie wird präsent und unvermeidlich sein, wie die Architektur. Die Menschen der Stadt werden unvorbereitet damit konfrontiert, Eintritte gibt es nicht. In dieser Kunst steht nichts für sich selbst, alle zehn gleichzeitig und während des gesamten Festivals laufenden künstlerischen 'Interventionen' sind nur für diese Salzburger Plätze konzeptioniert", erklärte der Kurator. Inga Horny vom Salzburger Altstadt-Marketing fügte hinzu, dass genau dies im Interesse des Salzburg-Tourismus liege.

Projekte

Angesagt sind der Video-Performer Knut Asdam in der Franziskanerkirche und der Schweizer Christoph Büchel, der die Unterführung bei der Staatsbrücke "derart radikal verändern wird, dass sie kaum wiederzuerkennen sein wird", so Hollein. Die Skandinavier Michael Elmgreen und Ingar Dragset werden einen Innenstadt-Konsumtempel "bearbeiten" und die Türkin Ayse Erkmen wird für "Kontracom 06" am Alten Markt arbeiten. Erkman hatte zuvor den gesamten Eingangsbereich der Schirn in Frankfurt mit Presslufthämmern aufgerissen und mit 40 Zentimeter Schlamm aufgefüllt, durch die sich die Zuschauer der Schirn wühlen mussten. Jonathan Meese, der durch seine Parsifal-Soloperformance bekannt geworden ist, soll das Neutor konsequent "uminterpretieren".

Neben Olaf Nikolai, zuständig für Getreidegasse, Alter Markt und Judengasse, wird Paola Pivi, die durch ihre grotesken Aktionen wie das Transportieren eines Zebras auf den Südpol aufgefallen ist, den Mozartplatz bespielen, "wobei die Mozart-Statue eine zentrale Rolle spielen, aber nicht berührt werden soll", erläuterte Hollein schmunzelnd. Michael Sailstorfer ist für eine geistige Neugestaltung des Mirabellplatzes verantwortlich. Er ist eigentlich Bildhauer, hat die Kunstszene aber mit Aktionen auf sich aufmerksam gemacht, bei denen er Straßenlaternen mit einem selbst gebauten Katapult quasi als künstliche Sternschnuppen "ins All geschossen hat".

Musik

Die genauen Termine und Örtlichkeiten des musikalischen Teils von "Kontracom 06", dem Festival zeitgenössischer Kunst im Mozart-Jubiläumsjahr 2006 in Salzburg, sind bei der Pressekonferenz noch nicht bekannt gegeben worden. Im Wesentlichen teilt sich das Musikprogramm in zwei Teile, einer spielt im republic an den ersten zwei Juni-Wochenenden und der andere ist auf die gesamte Festival-Zeit von 12. Mai bis 16. Juni verteilt und wird auf öffentlichen Plätzen zu erleben sein.

Ein Live-Hörspiel namens "Territerrortorium" ist angesetzt, die selbst ernannten "Klang-Terroristen" Felix Kubin und Wojtek Kucharczyk werden sich eine "Sound-Schlacht" im republic liefern. Dann kommt das Projekt "Radius" von Anna Ceeh und Franz Pomassl. Dabei werden Electro, Techno, experimentelle Elektronik, Drum'n'Bass, Rock, "Russ-Wave" und DJ-Musik zu "nonkonformer Musik" vermischt und mit visuellen Effekten, Installationen, Film und Mode aus Russland ergänzt.

Geraffte Fassung

Mike Ladd, Vijay Iyer und Inrahim Quraishi haben dann ein laut Kurator Zierhofer dunkles Musiktheater vorbereitet, der Titel ist "Still Life with Commentator". Beschlossen wird die republic-Serie zeitgenössisch-experimenteller Musik mit "Radian", einer "detailverliebten Geräusch-Collage", wie Zierhofer erläuterte.

Im öffentlichen Raum spielen wird das Projekt von Franz Pomassl, einem der renommiertesten Vertreter der experimentellen Klangkunst. Pomassl wird seine Kompositionen und Klanginstallationen von Salzburgs Glockentürmen an den Grenzen der Hörbarkeit auf Salzburg herunter rieseln lassen, und den Schlusspunkt setzt "Funkstörung - the inverted Parade". Diese "Versuchsanordnung im öffentlichen Raum" ist eine Anspielung auf die in Salzburg abgesagte Love-Parade und ein Festzug von 300 mit Funk-Kopfhörern - und für das Publikum - zu unhörbarer Musik "ausflippender" Tänzer, deren Aktionen von einem Improvisations-Rapper kommentiert werden.

Das ursprünglich auf drei Monate angesetzte Avantgarde-Festival ist jetzt auf knapp fünf Wochen verdichtet. Das Gesamt-Budget, das den beiden Kuratoren Hollein und Zierhofer-Kin zur Verfügung steht, beträgt etwa 1,1 Mio. Euro. Die genauen Orte und Uhrzeiten der Performances sind ab kommender Woche im Büro "Mozart 2006" zu erfragen oder ab 1. Dezember im Gesamtprogramm für das Mozart-Jubiläumsjahr 2006 in Salzburg nachzulesen.(APA)