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Die geprellten Parmalat-Anleger warten noch immer auf Schadenersatz. Sie haben nun dem Neuanfang zugestimmt.

Foto: APA/EPA/Filippo Monteforte
Am Wochenende ist aus den Ruinen des vor nicht ganz zwei Jahren spektakulär Pleite gegangenen Nahrungsmittelkonzerns Parmalat die "neue Parmalat" entstanden. Richter Giuseppe Coscioni gab in Parma bekannt, dass 72 Prozent der über 100.000 geprellten Anleihezeichner dem Wandel ihrer Forderungen in Aktien (Debt-to-Equity-Swap) der neuen Gesellschaft zugestimmt haben. Damit ist der Weg für die "Parmalat 2" frei.

Insolvenzverwalter Enrico Bondi hatte mit seiner Sisyphusarbeit also Erfolg, die Sanierung des inzwischen auf 16 Gesellschaften abgespeckten Molkereikonzerns ist gelungen. Der industrielle Wert der neuen Parmalat wird auf 1,5 Mrd. Euro geschätzt.

Forderungen verringert

Durch den Tausch der Forderungen in Aktien sind die Verbindlichkeiten von einst 14 auf rund eine Milliarde Euro gesunken. Der Börsengang ist noch im Oktober vorgesehen. Am Grauen Markt in London werden die neuen Parmalat-Aktien bereits mit 2,5 bis 2,8 Euro gehandelt.

Angeblich sind Nahrungsmittelkonzerne wie Granarola, Lactis und Nestlé an einer Beteiligung an der Nachfolgegesellschaft des Pleitekonzerns interessiert. Zwar werden die Forderungen der Anleiheninhaber nur mit durchschnittlich elf Prozent im Tauschverhältnis berücksichtigt, die Chancen für Kursgewinne seien jedoch gegeben.

Denn die von Insolvenzverwalter Bondi gegen Banken und Wirtschaftsprüfer gerichteten Schadenersatzforderungen und Rückabwicklung von Krediten im Wert von mehr als 40 Milliarden Euro dürften sich positiv auf die neue Gesellschaft auswirken. Auf der schwarzen Liste stehen 45 in- und ausländische Kreditinstitute.

Bondi versucht, möglichst viel Geld einzutreiben, bevor der im Sanierungsplan vorgesehene Debt-to-Equity-Swap umgesetzt wird. Über 50 Prozent der neuen Parmalat-Anteile werden von den Bondholdern, 30 Prozent von den Gläubigerbanken und acht Prozent von den Lieferanten gehalten.

Aufsicht schaut weg

Kritik wird indes an der italienischen Regierung laut, weil der Milliardenbetrug die Regierung in Rom bis dato nicht dazu veranlasst hat, Anleger und Sparer gegen künftige Bilanzfälschungen und Finanztricksereien zu schützen.

Im Gegensatz zu den USA, wo Regierung und Parlament nach der Enron-Pleite umgehend handelten, und im Gegensatz zur EU, die mit neuen Regeln für Bilanzprüfer prompt auf den Skandal reagierte, hat Rom bis dato nicht einmal die groß angekündigte - und inzwischen ohnehin stark verwässerte - Finanzaufsichtsreform durchzusetzen.

Der Chef der Banca d'Italia, Antonio Fazio, dem auch im Fall Parmalat als Vorsteher der Bankaufsicht Nachlässigkeit vorgeworfen wird, sitzt weiterhin fest im Sattel. Er will sich sogar der Aussage vor der römischen Staatsanwaltschaft entschlagen, wo er wegen Verdacht auf Amtsmissbrauch vorgeladen werden soll.

Die Bilanzfälschung hat Regierungschef Berlusconi inzwischen - nicht ganz uneigennützig - sogar entkriminalisiert, und die Sparer sind auch zwei Jahre nach dem größten Bilanzbetrug der europäischen Wirtschaftsgeschichte (Parmalat) nicht geschützt.(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 01.10.2005)