Im aktuellen Fall geht es um eine von der ÖPAG kritisierte - und mittlerweile im Gesetz bereits beseitigte - Ungleichbehandlung von betrieblichen und überbetrieblichen Kassen bei der Mindestertragsrücklage (MERL).
Geschäftsplanänderungen
Die überbetriebliche ÖPAG hatte seit 2003 mehrere Geschäftsplanänderungen beantragt, mit denen sie für zwei Veranlagungs- und Risikogemeinschaften (VRG) eine Befreiung von der Bildung einer Deckungsrückstellung für die MERL befreit werden wollte. Dies wurde von der FMA jedoch negativ beschieden, da dies damals laut Gesetz nur betrieblichen Kassen möglich war.
Obwohl der inkriminierte Passus in § 7 Abs. 7 PKG durch die heuer in Kraft getretene Novelle beseitigt ist, geht die Reparatur der ÖPAG nicht weit genug. Für das Bilanzjahr 2003 sei man sehr wohl von der alten Rechtslage negativ betroffen, da die Änderung erst für 2004 greife, argumentierte der Beschwerdeführer am Dienstag. Auch wurde darauf verwiesen, dass die Differenzierung nach betrieblichen und überbetrieblichen Kassen der diesbezüglichen EU-Richtlinie fremd sei.
Erläuterungen
Seitens der FMA als belangter Behörde wurde in der öffentlichen Verhandlung des VfGH zur alten Rechtslage wiederholt auf die Erläuternden Bemerkungen (EB) des Gesetzgebers verwiesen. Die Ausnahmeregelung sei gerechtfertigt gewesen, da bei betrieblichen Kassen die Eigentümer zumeist besonders potente Konzerne seien, also eine besondere Nähe zu den Kassen-Versicherten aufweisen würden. Da sei es gleichgültig, ob der Betrieb als Arbeitgeber über eine Nachschusspflicht zur MERL oder als Eigentümer der Pensionskasse betroffen sei.
SP-Einspruch erst in Wintersession
Primär konzentrierten sich die Fragen der Verfassungsrichter an ÖPAG Pensionskasse und Finanzmarktaufsicht (FMA) in der öffentlichen Verhandlung am Dienstag darauf, wodurch eine unterschiedliche Behandlung der beiden Arten von Kassen zu rechtfertigen sei, wenn alle Risikogemeinschaften einer überbetrieblichen Kasse eine Nachschusspflicht vorsehen würden. Auch wollte das Höchstgericht zur Causa Mindestertragsrücklage wissen, welche Folgen es haben würde, wenn selbst im Falle eines potenten Unternehmens im Hintergrund eine VRG der Nachschusspflicht nicht nachkommt.
Die FMA verwies unter anderem darauf, dass die überbetriebliche Kassen keine besondere Nähe zu den Versicherten hätten, sondern am Markt in Konkurrenz zu anderen Kassen auftreten würden. Wenn hier das Eigenkapital einer überbetrieblichen Kasse angesprochen sei, würde es alle Veranlagungs- und Risikogemeinschaften (VRG) betreffen, sei aus den Erläuterungen des Gesetzgebers zu schließen. Für Überbetriebliche hätte eine unbegrenzte Nachschussverpflichtung nicht dazu geführt, dass man von der Mindestertragsrücklage (MERL) befreit worden wäre.
Auch in der PKG-Novelle 2005 werde nochmals darauf Bezug genommen, dass mit der alten Rechtslage - der von der ÖPAG kritisierten Ausnahmeregelung - nur die betrieblichen Kassen gemeint gewesen seien. Es habe für die FMA also keinen Interpretationsspielraum gegeben. Auch wenn bereits die neue EU-Richtlinie in Kraft gewesen wäre, hätte die FMA dieselbe Rechtsmeinung gehabt, so ein Vertreter der Behörde.
Stufenweiser Aufbau
Nach altem Recht musste die MERL stufenweise aufgebaut werden, ab dem Zeitpunkt des Ausfalls, wie die ÖPAG heute erinnerte, und zwar im Ausmaß von jährlich 0,3 Prozent des Gesamtwertes der Deckungsrückstellung aller VRG - bis 3 Prozent erreicht sind. Dafür sei es auch erlaubt worden, die Verwaltungskosten zu erhöhen, um die Rücklage zu dotieren, so die ÖPAG.
Würde der FMA-Bescheid vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehoben, so würde das nach Angaben der ÖPAG dazu führen, dass für ihre VRG 17 und 18 - Pensionskassen-Lösungen für die Tiroler Tiwag und Masterfoods Austria - keine Pflicht mehr zur Bildung einer MERL bestünde. In der Vergangenheit, also vor 2004, gebildete MERL könnten aber nicht mehr aufgerechnet werden, auch nicht steuerlich, bedauert man.
Novellen rückgängig machen
Erst im Dezember oder Februar wird der VfGH die von der SPÖ im Juni d.J. eingebrachte Beschwerde gegen die beiden Pensionskassengesetz-Novellen 2003 und 2005 behandeln. Diese beiden Novellen sollten rückgängig gemacht werden, verlangte SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter damals, da es damit zu einer "Enteignung" der rund 400.000 Anwartschafts- und Leistungsberechtigten der Kassen gekommen sei.