Wien - Eine wahre Wohltat, wenn der ORF in seiner "Pressestunde" einmal nicht politische Begehrlichkeiten zu bedienen braucht, sondern den Staatsoperndirektor auf den Küniglberg bittet. Um die gefinkelte Eloquenz, mit der Ioan Holender den von Gastgeber Armin Wolf und Frido Hütter (Kleine Zeitung) sorgfältig vorbereiteten Fragen aalglatt zu entgleiten verstand, und um die charmante Nonchalance, mit der er die eine oder die andere kompetent gerittene Attacke mühelos parierte, können ihn in Österreich jedenfalls alle Politiker nur aufrichtig beneiden.

Viel Konkretes war ihm freilich nicht abzupressen. Vielleicht, dass er die zur Neubesetzung anstehende Leitung der Volksoper, so unwahr sich seine Absagen in der Vergangenheit auch immer erwiesen haben mögen, aller Voraussicht nach wirklich nicht übernehmen wird. In dieser Angelegenheit wirkte er beinah ein bisschen angesäuert.

Den zuständigen Politikern (Bundeskanzler und Kunststaatssekretär) hat er nämlich bis zum Beginn der "Pressestunde" eine Frist gesetzt, auf die Bedingungen, die er für die Führung der Volksoper stellt, einzugehen. Da hat sich aber nichts gerührt. Worin die Bedingungen bestanden, war dank Holenders meisterlicher Vernebelungskunst nicht ganz auszumachen. Auf alle Fälle ging es auch um die Aufstockung seiner Bezüge um monatlich 10.000 Euro. Beinah ein Klacks im Vergleich zu den Märchengagen, die, wie Holender zwar en passant, wenn auch nicht minder deutlich feststellte, von der Stadt Wien vor allem im Bereich der Wiener Festwochen bezahlt werden. Kann sein, dass darin auch der Grund liegt, warum er am nächsten Sonntag, obwohl "links stehend", nicht Michael Häupls Rote, sondern die Grünen wählen wird.

Praktisch zeitgleich zur Fernseh-"Pressestunde" stellte sich Burgtheaterdirektor Klaus Bachler im Wiener RadioKulturhaus in der Reihe "Zeitgenossen im Gespräch" den Fragen von Michael Kerbler und STANDARD-Kulturressortleiter Claus Philipp. Für Holender hatte Bachler den kleinen Seitenhieb parat, dass dieser einer der Hauptexponenten jenes Neoliberalismus sei, den die heimische Kulturpolitik mittlerweile "hundertprozentig inhaliert" habe.

In Österreich argumentierten Politiker wie Intendanten, so Bachler, nur noch mit Zahlen, kaum noch mit Inhalten, obwohl eines für ihn evident sei: "Wer heute sagt, wenn's der Wirtschaft gut geht, geht es allen gut, ist entweder ein Verbrecher oder ein Idiot!"

Das Thema für ihn seien weniger die real geringer werdenden Subventionen, mit denen man eben auskommen müsse, sondern das geringer werdende Interesse: "Ich bin wahrscheinlich der erste Direktor, der den Bundeskanzler nie gesehen hat und auch nicht kennt, und auch die Bildungsministerin war, glaube ich, noch nie da." (vuji, red / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.10.2005)