TV-Tagebuch
Klassiker, vital - Leander Haußmanns TV-Adaption von "Kabale und Liebe"
Der deutsche Regisseur hat uns mehr als nur überrascht ... - Bitte, mehr davon!
Der deutsche Regisseur
Leander Haußmann, zuletzt fast schon aufdringlich auf deutsche Zeitgeschichte (Schwerpunkt:
DDR) am Rande zur Klamotte (zuletzt: NVA) abonniert – er hat uns Montag
Nacht im ZDF mit einer
TV-Adaption von Schillers
"Kabale und Liebe" mehr als
nur überrascht. Die Form-
und Stilsicherheit im Umgang mit filmischen Mitteln
schien im Vergleich mit aktuellen TV-Arbeiten und
nicht zuletzt auch mit
Haußmanns Kinoproduktionen geradezu beispielhaft. Erstmals vermochte
der Regisseur an seine früheren leichtfüßigen Bühnenerfolge wie "Romeo und
Julia" anzuschließen.Das verdankte sich nicht
zuletzt einem spielfreudigen, grandiosen Ensemble,
dem es tatsächlich gelingt,
den Theatertext in ein tatsächlich kinetisches Drama zu übertragen. Da gibt Götz
George den Präsidenten,
der seinen Sohn Ferdinand
(August Diehl) nicht an ein
Bürgerskind verheiratet sehen will, mit schmierig-
brutalem Ingrimm. Da versagen Ignaz Kirchner und
Katharina Thalbach als Eltern der armen Luise (eine
Entdeckung: Paula Kalenberg) mit schreckhafter
Hilflosigkeit. Da wird die
intrigante Lady Milford
(Katja Flint) sehr eindrücklich zum Opfer ihrer eigenen Standesdünkel und
Etikette. Und dazu beginnt
die Kamera förmlich zu tanzen, durch angestaubte Residenzen, Ratszimmer und
Bürgerstuben, dass es fast
schon eine Freude sein
könnte, endete die Geschichte bekanntlich nicht
so traurig. Diesen Schwung
und diese Präzision sieht
man sonst nur in englischen Kostümdramen. Bitte, mehr davon! (cp/DER STANDARD; Printausgabe, 11.10.2005)