München - Forscher des Max-Planck-Instituts für Biochemie haben das Genom des extremophilen Mikroorganismus Natronomonas pharaonis entschlüsselt. Dieser Einzeller lebt unter extremen Bedingungen - in stark alkalischen Teichen, deren pH-Wert etwa elf beträgt und deren Salzgehalt über 300 Gramm Salz pro Liter Wasser ausmacht. Durch die Genom-Analyse haben die Wissenschaftler der Abteilung Membranbiochemie jene Überlebens-Strategien aufgedeckt, mit denen der Einzeller unter den sonst tödlichen Umweltbedingungen noch bestens gedeihen kann, berichtet die Max-Planck-Gesellschaft.

Rückschlüsse auf erste Organismen der Erde

Die Forscher interessieren sich für diese Lebewesen deshalb so sehr, weil aus ihren Lebensweisen Rückschlüsse auf die ersten Organismen der Erde gezogen werden können. Ein weiterer Punkt ist die Frage mit welchen Mechanismen ein Lebewesen unter diesen Lebensbedingungen überhaupt leben kann. Natronomonas pharaonis ist ein Einzeller aus einer großen stäbchenförmigen Zelle und misst fünf hundertstel Millimeter. Sein Genom besteht aus rund 2,6 Mio. Basenpaaren - das ist etwa ein Tausendstel des menschlichen Genoms - und kodiert für die Synthese von 2.843 Proteinen. Gefunden wurde der Einzeller im ägyptischen Gabara-See und im Lake Magadi in Kenia.

In der Abteilung Membranbiochemie unter Leitung von Dieter Oesterhelt zeigen die Max-Planck-Forscher mit Methoden der Genomik und Proteomik in Kombination mit physiologischen Experimenten, wie sich die erstaunlichen Leistungen der Extremisten erklären lassen. Der Bioinformatiker Friedhelm Pfeiffer hat mit seinen Mitarbeitern für die salzliebenden, die so genannten halophilen, Einzeller die Datenbank HaloLex angelegt, in der die Gen- und Protein-Daten der erforschten Organismen mit Informationen über Struktur und Funktion verknüpft werden.

Leben in der konzentrierten Waschmittellauge

Der hohe pH-Wert, in dem der Einzeller lebt, entspricht einer konzentrierten Waschmittellauge und der Salzgehalt etwa dem des Toten Meeres. Natronomonas pharaonis weist im Zellinneren auch hohe Salzkonzentrationen auf. "Proteine fallen unter solchen Salzkonzentrationen normalerweise aus, daher verfügt der Einzeller über bestimmte saure Aminosäuren, die dafür sorgen, dass die Proteine noch stabil bleiben", erklärt Micheala Falb, die im Team von Oesterhelt mitgearbeitet hat. Zusätzlich ist auch der pH-Wert in der Zelle noch etwas erhöht, bestätigt die Wissenschaftlerin.

Falb konnte durch theoretische Analysen feststellen, wie sich die Zelle vor der umgebenden Salzlauge schützt: "Bei Natronomonas pharaonis werden besonders viele Proteine mit einem Lipidmolekül verknüpft und dadurch in der Zellmembran verankert". Eine weitere Besonderheit an dem Einzeller ist der Energiestoffwechsel. "Da zahlreiche extremophile Mikroorganismen nicht atmen und ein Genom für Atmungskomplexe fehlt, war nicht klar, ob N. pharaonis eine funktionierende Atmungskette besitzt und welche Ionen dabei eine Rolle spielen", erklärt die Forscherin. Die Forscher konnten zeigen, dass N. pharaonis tatsächlich eine funktionierende Atmungskette besitzt. Damit konnten die Wissenschaftler das bisher gültige Paradigma widerlegen, dass Organismen unter alkalischen Bedingungen auf andere Ionen ausweichen müssen.

Vitamine werden selbst hergestellt

Eine weitere Besonderheit des extremophilen Einzellers ist die Art und Weise wie er das lebensnotwendige Ammonium für die Aminosäuren erzeugt. Der hohe pH-Wert führt nämlich zur Verarmung an Ammonium. "Da Ammonium-Stickstoff ein wesentlicher Baustein für Aminosäuren ist, müsste der Einzeller eigentlich Probleme bei deren Synthese haben. Tatsächlich nutzt das Lebewesen drei Stickstoffquellen zur Herstellung von Ammonium", erklärt Falb. "Einerseits durch Aufnahme und Verstoffwechslung von Nitrat und Harnstoff, sowie einer effiziente Aufnahme von Ammonium.

Die Forscher konnten außerdem feststellen, dass der Einzeller fast alle Vitamine und Aminosäuren selbst herstellen kann. Das wiederum konnte das Wachstumsmedium für die Aufzucht der Einzeller erheblich vereinfachen. (pte)