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Sicherheitsbeamter umarmt einen Kollegen, der von Terroristen als Geisel gehalten wurde

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Entgegen vorheriger Meldungen war die Stadt Naltschik am Freitag noch nicht vollständig unter Kontrolle.

Foto: AP/Yuri Kochetkov
Naltschik/Moskau - Knapp zwei Tage hielten Rebellen die nordkaukasische Stadt Naltschik in Angst und Schrecken. Russische Sicherheitskräfte hatten im Lauf des Donnerstags zwar die Situation weit gehend unter Kontrolle gebracht, ein Dutzend Aufständischer aber hatte sich in der Nacht mit Geiseln an mehreren Orten verschanzt. Erst nach den gewaltsamen Geiselbefreiungen am Freitag beruhigte sich die Lage in der Stadt einigermaßen.

Sicherheitskräfte suchten am Nachmittag und Abend weiter nach mutmaßlich islamistischen Rebellen, die möglicherweise versuchten, unerkannt in Naltschik, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Kabardino-Balkarien unterzutauchen. Russlands Innenminister Rashid Nurgaliyew gab die Zahl der getöteten Aufständischen mit 91 an; 36 Extremisten seien gefangen genommen worden.

Angaben unsicher

Doch die Angaben über die Männer, die am Donnerstag acht Polizei- und Innenministeriumsgebäude der Stadt attackiert hatten, blieben weiter unsicher. Schätzungen über die Zahl der Angreifer pendelten zwischen 100 und 300. Die Gesamtzahl der Toten in Naltschik belief sich auf vielleicht 130; mindestens zwölf Unbeteiligte und 24 Polizisten und Soldaten starben bei den Straßengefechten.

Am Freitagmorgen noch hatte sich knapp ein Dutzend Geiseln in der Gewalt etwa gleich vieler Rebellen befunden. Ein Teil - angeblich fünf Personen - war in einer Polizeistation gefangen, ein anderer in einem Geschäft im Stadtzentrum.

Fluchtversuch

Wie die Polizei später angab, hatte die Gruppe in der Polizeistation einen Fluchtversuch aus der Stadt mit einem Kleinbus unternommen und dabei einen Unfall verursacht. In diesem Moment eröffneten die Polizisten das Feuer und töteten alle acht Rebellen. Ob diese die Geiseln mit im Wagen hatten, blieb zunächst noch unklar. Jedenfalls hatten sich im Polizeigebäude auch Kinder und Frauen befunden, die jedoch alle unbeschadet davon kamen.

Kurz nach der ersten Geiselbefreiung stürmten Spezialeinheiten ein Souvenirgeschäft und befreiten drei weitere Geiseln aus der Hand von Rebellen. Später hieß es auch, dass eine Gruppe von 15 schwer bewaffneten Rebellen im nördlich von Naltschik gelegenen Dorf Tschegem bei Gefechten erschossen worden sei. Bei einem Einsatz in einer Gefängnisverwaltung konnten angeblich noch neun Geiseln befreit werden.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Vortag die Direktive ausgegeben, dass keiner der Rebellen entkommen dürfe. Wie weit dies gelungen ist, blieb offen. Im Übrigen war Putin am Freitag voll des Lobes für die Sicherheitskräfte. Sie hätten "dieses Mal geordnet, effizient und hart agiert", sagte er wohl in Anspielung auf das Versagen der Sondereinheiten beim Geiseldrama in Beslan vor einem Jahr. Den Hinterbliebenen der Opfer versprach der Präsident Hilfe. Nach offizieller Lesart waren dem Rebellenangriff seit Montag Großeinsätze gegen islamische Extremisten in Kabardino-Balkarien vorausgegangen. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.10.2005)