Belgrads politische und wirtschaftliche High Society blickt gefährlichen Zeiten entgegen. Fast täglich werden Morde an Männern gemeldet, die Slobodan Milosevic nahe standen oder in seinem Fahrwasser binnen kurzer Zeit zu erstaunlichem Reichtum gekommen sind. Auch die Durchführung der Attentate nimmt immer spektakulärere Formen an. Da werden am helllichten Tag Wohnhäuser gesprengt, Feuergefechte mit automatischen Waffen inszeniert und Verfolgungsjagden durch die Stadt gestartet, die Hollywood-Produktionen spielend in den Schatten stellen. Pulp Fiction in Belgrad. Man kann derzeit nur spekulieren, wer hinter all den Morden steht. Tatsache ist aber: Die Verbrechen tragen die gleiche Handschrift, kein einziger Täter wurde bisher gefasst, die Polizei tappt - offiziell - im Dunkeln, und das Regime sieht wie immer ausländische Terroristen am Werk. Innerhalb der serbischen Nomenklatura findet offenbar ein Machtkampf statt, bei dem Milosevic die Reihen seiner eigenen Paladine säubert, um sie nachher umso dichter wieder um sich schließen zu können. Zu diesem Machtkampf kommt, dass sich die serbischen Großkorruptionisten nicht über die Aufteilung der milliardenschweren Beute einigen können. Unter Milosevic wurde es üblich, den Staat als Selbstbedienungsladen zu verwenden, und der Präsident kassierte bei den illegalen Transaktionen seiner Freunde stets mit. Nun wächst der Zweifel an Milosevic, der Führer kann die Pfründe für seine Gefolgschaft nicht mehr garantieren, und diese beginnt sich von ihm abzuwenden. So etwas kann der Führer nicht zulassen. Milosevic' Mannen wissen, was auf sie zukommt: Auf der letzten Belgrader Automesse wurden mehr als 300 gepanzerte Mercedes bestellt, die pro Stück zwischen 1,7 und 3,5 Millionen Schilling kosten. Zum Vergleich: Ein durchschnittliches Monatseinkommen in Serbien beträgt rund 500 Schilling.