Wien - Jürgen Melzer sitzt in einer Art Hochschaubahn, sie fährt rauf, runter, rauf, runter. Ab und zu stoppt sie, weil die Stromzufuhr unterbrochen ist. Zum Beispiel in der Wiener Stadthalle. "Mein Akku ist leer", sagte er nach dem Scheitern im Achtelfinale der BA-CA-Trophy. Er lobte seinen Bezwinger, den Qualifikanten Jean-René Lisnard (7:5, 2:6, 6:7), trauerte dem Matchball nach ("meine Schuld"), gestand aber ein, "dass er fast immer den richtigen Ball mit vollem Risiko gespielt hat".

Im österreichischen Tennis werden Erwartungen deshalb geweckt, damit sie, wenn es darauf ankommt, gedämpft werden, sich quasi wieder in den Tiefschlaf zurückziehen. Ausnahmen, wie Siege im Daviscup, bestätigen die Regel. Melzer weist die Kritik, dass während einer Partie die Hochs und Tiefs einander zu rasch abwechselten (Weltklasse, Kreisklasse), zurück: "Ich reiße mir bis zum letzten Punkt den Hintern auf."

Das Saisonziel, in den Kreis der Erlauchten 30 aufgenommen zu werden, hat er verfehlt, es wird sich maximal für die Top 50 ausgehen. Das Warten auf den ersten Turniersieg ging in die nächste Verlängerung. Melzer spielt heuer noch in Madrid und in St. Petersburg. "Ich war leider bei den Masters-Turnieren schlecht, habe nur einmal eine Runde gewonnen. Das werfe ich mir vor." Coach Karl-Heinz Wetter kündigte ein verschärftes Konditionstraining an. "Er muss so fit sein, dass er notfalls zwei Wochen lang jeweils über fünf Sätze gehen kann." Durch Melzers Stil sei aber klar, dass "er einen hohen Energieaufwand" habe.

Die BA-CA-Trophy wird natürlich auch ohne Österreicher fortgesetzt und abgeschlossen. Am Samstag wird geklärt, wer am Sonntag um den Titel spielen darf. (DER STANDARD Printausgabe 15./16.10.2005)