Ein Podium zur Unipolitik beschäftigte sich am Freitag unter dem Titel "Offen oder beschränkt?" mit dem Unizugang. Es diskutierten (v.l.n.r.): Der grüne Wissenschafts­sprecher Kurt Grünewald, die ÖH-Vorsitzende der Meduni Wien Judith Böhm, Eva Blimlinger von der Uni für Angewandte Kunst (Moderation), VP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek und ÖH-Bundesvorsitzende Rosa Nentwich-Bouchal (GRAS).

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Noch sind Zugangsbeschränkungen an österreichischen Unis nur in acht Fächern möglich. Ob es aber dabei bleiben wird und ob der offene Hochschulzugang bald der Vergangenheit angehören könnte, mit dieser Frage beschäftigte sich am Freitag ein unipolitisches Podium im Wiener Lokal Depot. Unter der Moderation von Eva Blimlinger von der Universität für angewandte Kunst diskutierten der Grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald, die ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek und ÖH-Bundesvorsitzende Rosa Nentwich-Bouchal und die ÖH- Vorsitzende der Medizinuni Wien, Judith Böhm.

Eine "schockierende Entwicklung in der Bildungspolitik" stellte Studierendenvertreterin Böhm fest: "Den Maturanten wird vermittelt: Wir wollen Euch nicht, wir haben keinen Platz für Euch und am Liebsten wäre es uns, Ihr würdet Euch was anderes überlegen." Grünewald warf der Regierung in diesem Zusammenhang vor, eine "reine Sprechblasenpolitik" zu betreiben: "Wenn ich mich zum offenen Hochschulzugang bekenne, muss ich auch die Universitäten pekuniär aufrüsten." Statt der von der Regierung erklärten Steigerung der Budgets gebe es eine faktische Kürzung, kritisierte Grünewald. Allein um den OECD- Durchschnitt zu erreichen, bräuchten die Unis eine Milliarde Euro. "Ein Professor, der 40 Diplomarbeiten betreut? Das ist Schwachsinn", empörte sich der grüne Politiker.

"Schon jetzt beschränkt"

VP-Wissenschaftssprecherin Brinek bekräftigte das Bekenntnis der ÖVP zum offenen Hochschlzugang, zugleich aber betonte sie: "Schon jetzt ist der Unizugang beschränkt, zum Beispiel in Psychologie oder in Jus, wo sich die Professoren hinter verschlossenen Türen die Durchfallerquoten ausgemacht haben." Deshalb habe sich in der Psychologie durch das neue Gesetz nichts verändert, betonte sie und sprach sich - wie dies bereits Ministerin Gehrer immer wieder getan hat - für das Schweizer Modell aus, in dem in der Medizin etwa ein Eignungstest über die Zulassung entscheidet.

Anders die ÖH, deren Vertreterinnen sich für die Lenkung der Studierenden über eine Studieneingangsphase aussprachen. Nentwich-Bouchal forderte eine bessere Aufklärung der MaturantInnen sowie eine Orientierungsphase zu Beginn des Studiums, betonte allerdings: "Es darf nur die eigene Entscheidung der Studierenden ausschlaggebend sein. Diese ist dann auch nachhaltiger, weil sie besser informiert sind."

Studieneingangsphase für Gesundheitsberufe

Gegen Knock-Out-Prüfungen sprach sich auch Böhm aus: "Die Medizin ist mit der SIP (Summativ Integrative Prüfung am Ende des ersten Abschnitts, Anm.) ein gebranntes Kind. Am erschreckendsten war die Bestehungsquote von nur 3,5 Prozent." Stattdessen plädierte sie für eine fächerübergreifende Studieneingangsphase für Gesundheitsberufe: "Viele Studierende wissen nicht sofort, welchen Beruf sie eigentlich ergreifen wollen. Im jetzigen System aber habe ich nichts, wenn ich das Studium abbreche." Aus ihrer Sicht wäre es deshalb sinnvoll, für diese Studieneingangsphase einen Lehrplan zu finden, so dass sich Studierende Lehrveranstaltungen anrechnen lassen können, die stattdessen eine Ausbildung zur Krankenschwester, Hebamme oder medizinisch technischen AssistentIn beginnen.

Einig waren sich die DiskutantInnen darin, dass eine Lösung auf europäischer Ebene wünschenswert sei. Dass diese aber möglicherweise erst in fünf oder sechs Jahren kommen könnte, sorgte für energischen Protest von Böhm: "Das ist nicht akzeptabel, eine Lösung für die Medizin muss absolute Priorität haben." Die Studierendenvertreterin forderte, dass "ab sofort" Gespräche mit Deutschland und Belgien geführt werden müssten. Auch trat sie dafür ein, dass die Studierenden bei der Erarbeitung einer Lösung eingebunden sind. "Es stört mich, dass die Studierenden als eine sehr große Gruppe von Betroffenen nicht eingebunden sind."

"Nicht schlafen"

Unterstützung erhielt sie von Grünewald: "Spätestens nächstes Jahr muss es eine Lösung geben, denn die derzeitige Regelung gilt für zwei Jahre. Hier darf man nicht schlafen." Für die Fächer außer der Medizin müsste eine Lösung leicht zu finden sein, meinte der Wissenschaftssprecher der Grünen: Hier fehlen maximal 400 Plätze. Das müsste bewältigbar sein."

"Nach Ende der Inskriptionsfrist wird es ein erstes Treffen mit den Rektoren geben. Dann werden wir sehen, welche Verbesserungen nötig sind", kündigte Brinek an.