Bis zum Jahr 2007 muss die im Vorjahr erlassene Umwelthaftungsrichtlinie (RL 2004/35/ EG) der Europäischen Union, die erstmals auf europäischer Ebene eine verschuldensunabhängige Verursacherhaftung im Umweltrecht einführt, in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. In Österreich wird daher früher oder später dem breit diskutierten Verbandsverantwortlichkeitsgesetz ("Unternehmensstrafrecht") auch eine Debatte über ein neues Schadenersatzrecht für Unternehmen folgen.

Gegenstand der Richtlinie ist die öffentlich-rechtliche Sanierung der Umwelt durch den verantwortlichen Betreiber. Damit soll eine Grundlage für die Vermeidung von Umweltschäden bzw. die Sanierung der Umwelt geschaffen werden. Die Richtlinie bezieht sich primär auf drei Schutzgüter: Gehaftet wird für Schädigungen geschützter Arten und natürlicher Lebensräume (so genannte "Biodiversitätsschäden"), Verschlechterung der Wasserqualität und jede Bodenverunreinigung, die ein erhebliches Risiko für die Gesundheit darstellt.

Bei Umweltschäden, die durch die Ausübung einer der im Anhang III aufgelisteten "gefährlichen beruflichen Tätigkeit" verursacht werden und für jede unmittelbare Gefahr solcher Schäden, die aufgrund dieser Tätigkeit eintritt, gilt das strenge, verschuldensunabhängige Haftungsregime.

Denn in der Ausübung dieser Tätigkeiten wird bereits eine Gefährdung der Umwelt gesehen. Dazu zählen unter anderem die Herstellung von Chemikalien, der Betrieb von Deponien oder Verbrennungsanlagen, Abfallbewirtschaftungsmaßnahmen, Ableitung in Binnenoberflächengewässer, Ableitung von Stoffen in das Grundwasser, etc.

Biodiversitätsschäden

Für Biodiversitätsschäden, die durch die Ausübung anderer Tätigkeiten verursacht werden, haftet man dagegen nur bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Verursachen.

Angesprochen durch die Richtlinie sind Betreiber und Behörden: Der Betreiber muss die erforderlichen Vermeidungs- und Sanierungsmaßnahmen ergreifen und die Kosten hierfür tragen. Beim Erkennen einer Gefahr oder eines Unglücksfalles hat der Betreiber sofort alles Notwendige zu veranlassen, um ein Eintreten bzw. Ausbreiten des Schadens zu verhindern.

Die Behörde ist im Schadensfall vom Betreiber zu informieren oder kann - soweit noch kein Schaden eingetreten ist - jederzeit vom Betreiber Informationen über eine unmittelbare Gefahr verlangen. Angeordnete Vermeidungs- oder Sanierungsmaßnahmen müssen vom Betreiber durchgeführt oder bezahlt werden.

Wird er nicht tätig, ergreift die Behörde die erforderlichen Vermeidungs- oder Sanierungsmaßnahmen selbst. Andere Betroffene mit "ausreichendem Interesse" oder NGOs dürfen mögliche Schäden bei der Behörde anzeigen und diese zum Tätigwerden auffordern.

Anhang II sieht Rahmenbedingungen für Sanierungsmaßnahmen vor; deren Kosten trägt grundsätzlich der Betreiber. Bei Biodiversitätsschäden und Schäden an Gewässern soll der vorherige Zustand möglichst wieder hergestellt werden.

Ist dies nicht möglich, muss ein anderes Gebiet entsprechende Verbesserungsmaßnahmen erfahren. Bei Schädigung des Bodens sind alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Schadstoffe zu beseitigen, zu kontrollieren, einzudämmen oder zu vermindern, sodass der geschädigte Boden kein erhebliches Risiko für die Gesundheit darstellt.

Deckungsvorsorge

Da die Richtlinie keine Haftungsobergrenze vorsieht, müssen Betreiber unter Umständen mit erheblichen Kosten rechnen. Diesbezüglich sieht die Richtlinie die Möglichkeit einer freiwilligen Deckungsvorsorge in der Unternehmensbilanz vor. Eine obligatorische Deckungsvorsorge kann ab 2010 auf Basis eines Kommissionsberichts vorgeschlagen werden.

Niederschläge der Diskussion über die Umsetzung der Richtlinie finden sich auch schon in dem im Juni vorgelegten ersten Entwurf eines europäischen Schadenersatzrechts in Österreich durch das Justizministerium und die Forschungsstelle für europäisches Schadenersatzrecht.