Foto: Anne M. Schüller
derStandard.at: Sie haben den Begriff des "lachenden Unternehmens" geprägt. Was verstehen Sie darunter?

Schüller: In lachenden Unternehmen finden wir gute Laune und Heiterkeit sowie Wertschätzung, Respekt und Anerkennung im Umgang miteinander, gemeinsame Ziele, ansehnliche Ergebnisse und ein Klima des Vertrauens. In solchen Wohlfühl-Firmen herrscht ein 'kollektives Sprudeln', die pulsierende Energie gemeinsamer Begeisterung, ein Treibhausklima für Spitzenleistungen. Dort arbeiten couragierte, motivierte, engagierte, unternehmerisch mitdenkende, begeisterte und loyale MitarbeiterInnen. Und dort kaufen Kunden gerne immer wieder ein. Denn die Mitarbeiter machen ihnen Lust auf Kaufen.

derStandard.at: Was ist das Gegenteil des "lachenden" Unternehmens?

Schüller: Das "vergiftete" Unternehmen. In solchen Firmen werden in großem Stil menschliche Ressourcen und Talente verschwendet - dort herrschen Intrigen, Machtkämpfe, Mobbing und Bossing (Schikanen des Chefs, Anm.d.Red.), da toben Neid und Missgunst. Mitarbeiter, die diese destruktiven Spiele durchschauen oder selbst zum Spielball werden, sind emotional stark belastet und jeder Motivation beraubt. Dies führt zwangsläufig zu Misstrauen und Leistungsabfall, zu Unfreundlichkeiten und häufigen Fehlern, zu angepasster Mittelmäßigkeit, zu lähmender Angst, zu Frust und Fluktuation. "Wenn wir Angst haben, raschelt es überall", hat schon Sophokles gesagt.

derStandard.at: Wie entsteht ein vergiftetes Klima?

Schüller: Wer autoritär führt und harsch diktiert, produziert unbegeisterte, unengagierte, lethargische Nichtswoller. Solche Mitarbeiter rächen sich täglich für die 'Nettigkeiten' ihrer Chefs, bewusst oder unbewusst, auf mehr oder weniger subtile Weise – und meist am Kunden. Wo die Mitarbeiter verkümmern, werden auch die Kunden fernbleiben. Wo man sich als Kunde unwohl fühlt, da geht man nie wieder hin, da kauft man nichts.

derStandard.at: Wie kann die Geschäftsführung das Klima positiv beeinflussen?

Schüller: Wenn ich Mitarbeiter frage, was ihre größten Wünsche an ihre Vorgesetzten sind, steht das wertschätzende, ehrlich und gut gebrachte Lob meist ganz oben auf der Liste. Ich kann daher Chefs nur raten: Lassen Sie Ihre Mitarbeiter nicht emotional verhungern. Loben Sie mehr! Die Menschen verstärken Verhalten, für das sie Anerkennung bekommen. Anerkennung, Wertschätzung und Respekt sind wie reiner Sauerstoff. Sie lassen Leistungen katapultartig nach oben schnellen.

Daneben sind Transparenz, eine offene, heitere Kommunikation sowie das Involvieren der MitarbeiterInnen die entscheidenden Faktoren auf dem Weg zu Spitzenleistungen. Hierbei propagiere ich das ‚Management by walking and talking around’. Der Chef geht quasi seine internen Kunden besuchen – genau so, wie der Außendienst das ja auch tut. Und er dialogisiert mit seinen Mitarbeitern: „Wie läuft es? Wo klemmt es? Was könnte man besser machen?" Und das macht er täglich, am besten morgens zur gleichen Zeit, damit die Mitarbeiter sich darauf verlassen können. Und sich schon mal Gedanken machen.

derStandard.at: Die MitarbeiterInnen mögen dann zufriedener sein. Heißt das aber automatisch, dass sie bessere Arbeit leisten?

Schüller: Ja, denn lachende Unternehmen schaffen ein Biotop für gute Ideen, sie lassen Leben und Lachen in die Firma. Da mögen sich die Leute. Gegenseitige Zuneigung begünstigt Erfolge. Und wenn die Stimmung stimmt, stimmen am Ende auch die Ergebnisse. Denn was uns Spaß macht, dafür setzen wir uns ein, das fällt uns leicht, das machen wir gerne und richtig gut. Manfred Maus, der Gründer und langjährige Obi-Chef hat mir einmal erzählt, dass die Baumärkte, in denen die Mitarbeiter-Zufriedenheit am höchsten war, auch die höchsten Ergebnisse hatten.

derStandard.at: Gibt es Situationen, in denen der oder die ManagerIn gegenüber den Frustrationen der Beschäftigten machtlos ist?

Schüller: Ja, die gibt es. Und zwar bei ernsten privaten oder persönlichen Problemen. Meistens jedoch kommt der Frust der MitarbeiterInnen von der Art der Chefs, das Unternehmen zu führen. Das merkt allerdings nur, wer intuitiv und empathisch trainiert ist. Würden sich Führungskräfte nur ab und an folgende Frage stellen: „Hätte ich meinen besten Kunden so behandelt, wie ich gerade meinen Mitarbeiter behandelt habe?“ Damit wäre schon viel geholfen. (mas)