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Foto: APA/Barbara Gindl
Die Krise in der Gewerkschaftsbank Bawag spitzt sich zu. Nachdem Bawag-Schuldner Refco am Dienstag Insolvenz angemeldet hat (die Bawag hat 75 Mio. Euro und 350 Mio. Euro Kredit an Ex-Chef Phillip Bennett, bzw. dessen Refco Holdings Inc. gewährt), ist nun Feuer am Dach.

"Bei uns ist die Hölle los", beschrieb ein Aufsichtsratsmitglied dem STANDARD den aktuellen Zustand. Der herrscht auch in den Filialen. "Die Kunden sind verunsichert, wir bemühen uns, sie zu beruhigen. Obwohl wir nicht wissen, was da geschehen ist."

Ein Wissensmanko, das es pikanterweise auch im Aufsichtsrat gibt. Aufklärung soll eine am Donnerstag einberufene Sonderaufsichtsratssitzung bringen.

Die Frage, die sich alle stellen - Warum hat die Bawag einen derart hohen Kredit quasi über Nacht vergeben, an einen Mann, der tags darauf wegen Betrugverdachts "hopps" genommen wurde? - stellen sich auch Kontrollore der Bank.

"Einstimmiger Entscheidung"

Die offiziellen Antworten von Bawag-Chef Johann Zwettler dazu: "Die Kreditentscheidung ist einige Tage vor der Zuzählung einstimmig gefallen. Für die 425 Mio. Euro liegen die entsprechenden Genehmigungen vor." Zwettler zum Tempo der Entscheidung: "Wir sind dafür bekannt, sehr flexibel und rasch zu sein." Zu den Vorwürfen gegen Bennett: "Ich kann ausschließen, dass mir etwas bekannt davon war. Aber", so Zwettler, "eine Chronologie über einzelne Tage oder Minuten gebe ich nicht bekannt."

In der Aufsichtsratssitzung wird der Bankvorstand freilich genau das tun müssen. Dem Standard haben Kapitalvertreter beklagt, "offene Fragen zum Refco-Kredit zu haben. Wir werden erfragen, wer, wann worüber informiert oder nicht informiert wurde", so ein Aufsichtsratsmitglied.

Seine Darstellung: Über die Summe von 75 plus 350 Mio. Euro sei konkret nicht geredet worden. Es habe zwar "seit Jahren beschlossene Kreditlinien für Refco gegeben, über Bennetts private Firma haben wir dabei aber nicht gesprochen".

Aus den Antworten werde man seine Schlüsse ziehen und dem Bawag-Eigner ÖGB "entsprechende Vorschläge machen. Treibende Kraft bei Refco war zwar Ex- Chef Helmut Elsner, Zwettler ist aber Generaldirektor."

Eilige Entscheidung

Die Kreditentscheidung des Vorstands dürfte in aller Eile gefallen sein - der STANDARD berichtete. Zwettler und seine Vorstandskollegen Peter Nakowitz (Treasury) und Christian Büttner (Auslandsgeschäft) hätten am Sonntag, den 9. Oktober beraten. Am Montag sei das Geld bereits angewiesen worden - offenbar zu rasch. Denn im Laufe des Tages sprachen sich die Kalamitäten Refcos und Bennetts auch bis nach Wien durch.

Die Folge: Der Vorstand bemüht sich verzweifelt, die elektronische Überweisung zu stoppen. Das Geld war aber schon dahin. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.10.2005)