Fernab von ihrem Image als biederes Institut für die kleinen Sparer und Häuslbauer hat die Bank für Arbeit und Wirtschaft - passend zu ihrer Großbeteiligung an den Österreichischen Lotterien - stets auch einen Hang zum Risiko.

Manche dieser Hasardspiele sind glänzend aufgegangen: Der doch recht teure Kauf der Postsparkasse hat sich rückwirkend als Glücksgriff erwiesen. Ebenso scheint es Ex-Generaldirektor Walter Flöttl vor einem Jahrzehnt gelungen zu sein, aus den undurchsichtigen Karibik-Geschäften mit seinem Sohn Wolfgang mit großem Gewinn auszusteigen.

Das desaströse Engagement beim nunmehr bankrotten US-Brokerhaus Refco ist daher kein Betriebsunfall, sondern die logische Konsequenz einer Unternehmensstrategie, die darauf hinausläuft, mit Erträgen aus der Hochfinanz das magere Groschengeschäft im eigenen Land aufzufetten.

Nun muss eine Gewerkschaftsbank keine Skrupel haben, ihr Geld direkt oder indirekt mit internationalen Finanzspekulationen zu verdienen. Aber sie muss das Geschäft beherrschen. Viele österreichische Banken haben sich in den vergangenen Jahrzehnten in den USA blutige Nasen geholt - und sind in der Folge aus dieser Region ausgestiegen.

Zuletzt hat die Bank Austria Creditanstalt nach der HVB-Übernahme ihre Überseegeschäfte gegen Osteuropa-Beteiligungen ausgetauscht. In Osteuropa reüssieren Österreichs Banken, weil sie mehr vom Geschäft verstehen als ihre Konkurrenz, an der Wall Street hingegen blieben ihnen immer die zweitklassigen Leute und drittklassigen Deals. Wer unter solchen Umständen etwas verdienen will, muss viel riskieren.

Allein die Bawag dachte bis zuletzt, sie könne es aus der Wiener Innenstadt heraus mit Wall-Street-Größen wie Goldman Sachs und Morgan Stanley aufnehmen. Was immer den Vorstand in jener Nacht geritten haben mag, Refco-Chef Philipp Bennett einen 350-Millionen-Euro-Kredit nachzuschmeißen - die Hoffnung auf große Erträge oder gar die Angst, bereits eingesetztes Geld zu verlieren - Johann Zwettlers Team war in der Champions League der Weltfinanz heillos überfordert.

Die peinlichen Erklärungsversuche der letzten Tage ebenso wie die Enthüllung, dass der Vorstand in letzter Sekunde versucht hat, die Millionen wieder zurückzuholen, lässt die Bawag-Manager endgültig als Dilettanten erscheinen, denen man seine Ersparnisse ungern anvertraut.

Möglicherweise wird Refco in anderer Form wiedererstehen und für neue Eigentümer zur Goldgrube werden. Doch selbst im besten Fall ist zu erwarten, dass die Aktien, mit denen die Bawag ihren Kredit besichert hat, nichts mehr wert sein werden.

Es greift allerdings zu kurz, wenn Eigentümer und Aufsichtsrat nun die Schuld auf den Vorstand abwälzen. Zwar hat schon so manche börsennotierte oder private Bank Millionen verloren, aber der sorglose Umgang mit dem eigenen Kapital ist vor allem typisch für jene Unternehmen, deren Eigentümer vom Geschäft nichts verstehen und kein eigenes Geld einsetzen. Ob Bank Burgenland oder WestLB - der staatliche und halbstaatliche Bankensektor ist besonders risikogefährdet, weil dort die Kontrollmechanismen des Marktes schlecht funktionieren.

Die Stärke eines Gewerkschaftsbunds liegt in der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen, nicht in der Bewertung von Kreditrisiken und Finanzengagements. Der ÖGB wäre daher gut beraten, infolge der Refco-Affäre aus dem Bankgeschäft auszusteigen. Dass die Gewerkschaft ein schlechter Lebensmittelhändler ist, hat die Konsum-Pleite bewiesen. Anders als damals wäre die Bawag auch nach einem Totalausfall des Refco-Kredits einige Milliarden wert - wenn auch etwas weniger als vor einem Monat.

Eine Gewerkschaft braucht keine Bank, weder für die Streikkasse noch für die Vermietung von Nobelimmobilien an ihre Funktionäre. Ein Verkauf ist keine Frage der Ideologie, sondern wäre der beste Dienst an den Mitgliedern, den Fritz Verzetnitsch jetzt leisten könnte. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.10.2005)