Nach dem "Nein" zum EU-Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden haben die Staats- und Regierungschefs eine "Reflexionsphase" ausgerufen. "Plan D" heißt nun die Zauberformel, mit der die Zukunft der EU gerettet und die EU-BürgerInnen von der Sinnhaftigkeit eines Verfassungsvertrages überzeugt werden sollen. Plan D wie "Dialog", "Demokratie" und wie "Diskussion". Die Ergebnisse dieser Diskussionen werden laut Kommissarin Margot Wallstrom am 9. Mai in Österreich präsentiert. Zur Sinnhaftigkeit von Plan D und zur "Rettungsalternative" von Johannes Voggenhuber hat derStandard.at die EU-Parlamentarierin Jutta Haug befragt.

derStandard.at: Was halten Sie persönlich von Plan D?

Haug: Plan D wurde eigentlich schon vor längerer Zeit in der Kommission - federführend von Margot Wallstrom - erarbeitet. Ich glaube schon, dass es dringend nötig ist, dass wir verstärkt in den Mitgliedsstaaten Kommunikation betreiben. Wobei es natürlich nicht reicht, die 732 Europaabgeordneten darauf anzusetzen. Geld ist zwar da, aber ich frage mich, wo die Menschen sind, die das auch umsetzen. Auch Regierungen und Regierungschef müssen diese Kommunikation mit betreiben. Man muss ja nur den Fernseher einschalten. Irgendein Minister oder gar der Bundeskanzler motzt da wieder über "Die da in Brüssel". Dabei wurden die kritisierten Entscheidungen alle im Ministerrat mit beschlossen. Das ist jahrzehntelang eintrainiert.

derStandard.at: Es fand ja bereits vor der Verfassung ein umfassender Dialog zwischen Regierungen, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft etc. statt. Nun sollen die Gespräche wieder zwischen genau denselben Parteien stattfinden. Was soll das bringen?

Haug: Na, ja. In den Diskussionen vorher wurden die Gespräche ja sehr oft von Gruppen zu anderen Auseinandersetzungen benutzt. Wenn ich zum Beispiel höre, der Vertrag will dem neoliberalen Wirtschaftskonzept Vorschub leisten, frage ich mich: "Woher nehmen die das?". Denn im Text heißt es, dass die "soziale Marktwirtschaft" zu den Zielen der EU gehört. Das festzuschreiben, war ein langer Kampf. Aber es ist schon richtig, eine Dialogphase alleine reicht natürlich noch lange nicht. Die Menschen wollen auch konkrete Auswirkungen sehen.

derStandard.at: Der Eindruck, der aber nach außen hin entsteht ist der, dass nun einfach so lange geredet wird, bis die BürgerInnen irgendwann den Vertrag akzeptieren. Wieso wird die Ablehnung des Vertrages eines großen Teiles der BürgerInnen nicht akzeptiert?

Haug: Wir müssen an dem Verfassungsentwurf festhalten und ich halte das auch nicht für undemokratisch. Wenn vier Fünftel der Mitgliedsstaaten ratifiziert haben, kann der Verfassungsvertrag in Kraft treten. Das europäische Parlament hat das für gut befunden und wollte diesen Vertrag mit überwiegender Mehrheit. Wieso sollten wir jetzt Änderungsvorschläge machen? Das sollen mal die niederländische oder die französische Regierung mit Vorschlägen kommen, was bisher ja auch nicht passiert ist.

derStandard.at: Der österreichische EU-Parlamentarier Johannes Voggenhuber will gemeinsam mit seinem britischen EU-Kollegen Duff im Parlament in Straßburg einen Entwurf für die Wiederbelebung des Verfassungsprozesses vorlegen. Was halten Sie von diesem Entwurf

Haug: Ich glaube, dass Voggenhuber den falschen Ansatz hat. Nicht nur Voggenhuber, dieser ganze konstitutionelle Ausschuss macht mich wahnsinnig. Da sitzen die Leute drinnen, die alle meinen, sie seien für die Verfasstheit der Europäischen Union zuständig. Dabei kommt nicht wirklich viel raus, und da ist es egal ob, Schwarz, Grün oder Rot. Ich hoffe, dass dieser Berichtsentwurf keinesfalls so den Ausschuss passiert. Denn wenn wir im Parlament jetzt anfangen, am Verfassungsentwurf was zu ändern, um ihn dann durchsetzen zu können, dann ist die Verfassung jetzt schon tot. Dass alle Mitglieder des Konvents nochmal den ganzen Beschlussmarathon mitmachen, bezweifle ich. Wir haben mit dem aktuellen Text ein Maximum erreicht.

derStandard.at: Gibt es Parlamentarier, die sie "lieber" mögen als Voggenhuber?

Haug: Ich arbeite viel zusammen mit Christa Prets und mit Karin Scheele. Und mit Christa und Maria Berger existiert eine nette Tradition im Advent in Strassbourg. Christa bringt Wein aus dem Burgenland und Maria selbstgebackene Kekse von ihrer Mutter.