Die Realität der Globalisierung zeigt sich darin, wie einzelne Länder, aber auch die Weltwirtschaft insgesamt von diesen Problemen betroffen sind. Um einen Ausgleich zwischen dem enormen potenziellen Nutzen und den Risiken einer zunehmend integrierten Weltwirtschaft zu schaffen, benötigen Regierungen neue Instrumente und ein tieferes Verständnis der Kräfte, die hier am Werk sind. Für die ärmeren Entwicklungsländer sind die Herausforderungen sogar noch größer: Sie müssen den Anschluss an die globale Wirtschaft schaffen, um die Kluft zwischen ihnen und dem Rest der Welt zu überwinden und damit einen konkreten Nutzen für ihre ärmsten Bürger zu ziehen.
Anforderungen wachsen
Der Internationale Währungsfonds (IWF) wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um den Ländern zu helfen, jene wirtschaftspolitischen Irrtümer zu vermeiden, die zu dieser Tragödie beigetragen hatten. Mit dem Wandel der Weltwirtschaft während der letzten 60 Jahre ist auch der Verantwortungsbereich des Fonds gewachsen. Als ich mein Amt beim Weltwährungsfonds vor etwas mehr als einem Jahr antrat, war klar, dass die Anforderungen unserer Mitgliedsländer an den Fonds noch weiter wachsen werden.
Folglich initiierte ich eine Studie über die Rolle unserer Institution in der Weltwirtschaft, in der auch die nötigen Veränderungen dieser Rolle beleuchtet wurden. Aus dieser Studie geht hervor, dass mit dem rasanten Voranschreiten der Globalisierung neue Herausforderungen auf uns zukommen. Ausmaß, Geschwindigkeit und Reichweite der Schocks, die sowohl entwickelte Staaten als auch Schwellenländer erfassten, haben sich intensiviert.
Die integrierten Kapitalmärkte ermöglichten es einigen Ländern, riesige Leistungsbilanzdefizite aufzubauen, während andere in der Lage waren, Anlagen zu diversifizieren oder sich durch die Bildung von Reserven gegen Krisen zu wappnen. Die mit der Integration der Märkte verbundenen Schwierigkeiten haben sich verstärkt und neue Realitäten haben sich herausgebildet, wie man auch an den gegenwärtigen Kontroversen rund um den Textilhandel sehen kann, wo es durch die Globalisierung zu Interessenkonflikten kommt. Auf all diese Entwicklungen muss der IWF weiterhin mit entsprechenden Anpassungen reagieren.
Selbstverständlich hat sich der Fonds schon lange stark an der Ausarbeitung der durch die Globalisierung nötig gewordenen Reformen beteiligt - und damit viel bewegt. Seit Mitte der 1990er Jahre widmete er einen Großteil seiner Arbeit den Herausforderungen aufgrund massiver grenzüberschreitender Kapitalflüsse. Allerdings sind diese Verantwortungsbereiche des Fonds rasch angewachsen, wodurch Ressourcen gebunden waren und den Anforderungen der Mitgliedstaaten nicht immer in der effizientesten Art entsprochen wurde.
Prioritäten ordnen
Nun geht es darum, die Prioritäten des IWF neu zu ordnen, um den Ländern dabei zu helfen, den neuen Herausforderungen der Globalisierung zu begegnen. Das kann durch die Entwicklung besserer Rahmenbedingungen im Bereich Haushalts- und Geldpolitik bewerkstelligt werden sowie durch Reformen zur Bewältigung des höheren Handelsvolumens oder durch eine Stärkung der Finanzsysteme. Bei dieser Neuordnung der Prioritäten muss die Art und Weise, wie der Fonds wirtschaftliche Trends auf globaler, regionaler und nationaler Ebene einschätzt und anschließend Empfehlungen ausspricht, im Vordergrund stehen. Wir müssen uns von einem allumfassenden Ansatz abwenden, um zu einer gezielteren Analyse spezifischer Schwachstellen und Verzerrungen zu kommen, die das Risiko für eine Krise begründen oder die Integration in die globale Wirtschaft verhindern. Außerdem muss der Fonds sich vermehrt in die strategischen Debatten einbringen, welche die öffentliche Meinung und die Wahl der politischen Strategien bestimmen.