Ray W. Jovanovich: Asien-Spezialist des Crédit Agricole und US-Kongress-Berater.

Foto: Der Standard/Matthias Cremer

Infografik: Profitabilität indischer Unternehmen

Grafik: Der Standard

Infografik: BIP-Prognosen im Vergleich

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STANDARD: US-Senatoren lassen sich von Ihnen in Asien-Fragen beraten, Sie beraten auch lokale Regierungen in der Region, schreiben immer wieder Kolumnen in großen US-Tageszeitungen.

Im Vergleich zum Indienfonds der HSBC mit über vier Milliarden Dollar nimmt sich der Meinl India Growth Fund, den Sie beraten, mit 33 Mio. Euro Volumen klein aus. Sind die erwarteten Wachstumspotenziale einen Österreich-Besuch wert?

Jovanovich: Wir werden das Volumen sehr stark vergrößern, ja. Aufgelegt im Juni, sind wir derzeit auch erst im "early stage".

Ich bin hier, weil ich an das Investmentthema Indien glaube. Das ist ja auch der erste Indienfonds einer österreichischen Kapitalanlagegesellschaft. Da haben wir Pionierfunktion.

STANDARD: Sie haben bis jetzt überwiegend institutionelle Gelder im Meinl-Fonds. Warum investieren die Großen in Indien?

Jovanovich: Sie suchen Diversifikation. Die Korrelation der indischen Aktien liegt bei nur 0,54 mit den Weltaktien. Das Thema Indien wird extrem langfristig gesehen.

Alle Parameter sprechen dafür. 2030 wird Indien das bevölkerungsreichste Land der Erde mit einer extrem jungen Bevölkerung sein. Wir sprechen über die größte Demokratie der Welt. Und: Im Gegensatz zu China ist die Privatwirtschaft der Treiber hinter dem Wachstum.

STANDARD: Aber China tritt international auch als Investor auf ...

Jovanovich: Ja, um Druck von der Währung zu nehmen. Das braucht Indien nicht. Wir hedgen im Fonds derzeit auch die Rupie nicht. China wird die Deflation bei den Erzeugerpreisen weltweit weitertreiben. Bei Indien reden wir von Innovation, China kopiert.

STANDARD: Was spricht gegen einen breit gestreuten Asien-Fonds? Diese werden ja auch gerne verkauft. Warum ein Länderthema in der Anlage?

Jovanovich: Es spricht nichts gegen Asien-Fonds, außer dass sehr große Performance-Differenzen zum Problem werden können.

Für Asien gilt: Die lokale Politik ist ein wichtiger Faktor für die Asset Allocation - wer nicht vor Ort sitzt, tut sich schwerer. Ich habe das Glück, vor 20 Jahren nach Asien gegangen zu sein.

Ich bin gern dort und kenne mich gut aus. Es ist in Asien dringend notwendig, direkt in das Auge der Unternehmen zu schauen, sonst gibt es Überraschungen. Genau das mache ich. Zum Länderthema: Indien ist beides: Sektorenthema und Länderthema. Ich bin überzeugt, dass man an Indien nicht vorbeikommen wird.

STANDARD: In China sind die Investmentbanker ganz angetan von den Profiten, die bei den Privatisierungen winken . . .

Jovanovich: Ja, das ist in Indien anders. Da liegt der Fokus auf Investments in die Infrastruktur, die das Land zusammenwachsen lässt.

Wie gesagt: Der private Sektor ist dort viel entwickelter, die Aktienkultur hat eine 200-jährige Geschichte - ganz im Gegensatz zu China, wie sich in der China-Performance gezeigt hat. Dort ist eine Aktienkultur einfach nicht gewachsen.

STANDARD: Welche langfristige Rendite ist in Indien für Fondsanleger zu erwarten? Es werden doch auch private angesprochen?

Jovanovich: Ich würde sagen: Wirtschaftswachstum plus zwei Prozent - die ein guter Fondsmanager zusätzlich herausholt. Natürlich werden die Privaten auch angesprochen.

STANDARD: Die USA haben mit ihrem Geldmengenwachstum und ihrem privaten Konsum inklusive praktisch nicht vorhandener Sparquote den Aufstieg einiger asiatischer Staaten gefördert. Was passiert, wenn die Amerikaner aufhören, über ihre Verhältnisse zu leben?

Jovanovich: (lacht) Goodbye Asia. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.10.2005)