Der Alltag hat für Stenzel begonnen: "Ihrem Vorgänger hab ich ein Pampers-Pakerl auf’n Schreibstisch g’stellt", sagte einer der Fiaker, auf die sie auf dem Michaelerplatz traf.

Foto: Standard/Cremer
Ursula Stenzel hat im Wahlkampf mit ihren restriktiven Forderungen für den ersten Bezirk aufhorchen lassen - und sich damit den Posten der Bezirksvorsteherin sichern können. Jetzt erwägt sie ein Alkoholverbot und neue Modelle für mehr Sicherheit und Sauberkeit.

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Einen Lieblingsplatz im ersten Bezirk hat Ursula Stenzel nicht. Am sympathischsten sind ihr "stille, verträumte Gässchen". Diese fand die Neo-Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt allerdings nicht vor, als sie am Montag den ersten Tag nach der Wahl mit einer kleinen Tour durch ihr neues Betätigungsfeld beging. Hingegen gratulierende Passanten, Eltern, die um ein Foto mit Kind bitten und viel Händeschütteln - auch wenn die Konversation eher kurz blieb.

Stenzels Ambitionen sind jedenfalls groß: Dass der von ihr angesprochene Radfahrer aus dem zweiten Bezirk kommt, ist kein Problem - "ich wäre auch gern Bezirksvorsteherin in der schönen Leopoldstadt!"

Noch besser weiß die ehemalige Moderatorin und Noch-EU-Abgeordnete, was sie nicht mag: "Es nimmt einfach alles überhand!" Zum Beispiel die Fiaker. Prompt traf Stenzel auf dem Michael erplatz wartende Kutscher an. "Ah, Sie sind die Neue?", wurde sie begrüßt. Ein Mann, offenkundig kein Freund der seit geraumer Zeit vorgeschriebenen so genannten Pferdewindeln, outete sich auch sogleich: "I bin der, der Ihrem Vorgänger des Packerl Pampers auf'n Schreibtisch g'stellt hat".

Stenzels weitere Pläne: Sie will Modelle für ein Alkoholverbot in bestimmten Gebieten studieren, den Jugendschutz strenger kontrollieren und mehr Sicherheit, etwa durch verstärkte Videoüberwachung.

Das "überwältigende Votum" erklärt sich Stenzel damit, dass sie zum Programm gemacht habe, was "Bürgerwille" sei. Schließlich konnte die Mitte September kurzerhand aufgestellte VP-Kandidatin das prognostizierte Kopfan-Kopf-Rennen mit SPÖ-Herausforderer Georg Niedermühlbichler klar für sich entscheiden - und die "schwarze" Hochburg mit einem Zuwachs von 10,16 Prozent auf 43,27 Prozent noch höher bauen.

Stenzels Botschaft ist klar: "Die Innere Stadt muss Niveau haben und darf kein ewiger Rummelplatz sein. Die Randzonen dürfen nicht verslumen", bekräftigt sie ihr Anliegen, die Innenstadt von störenden Veranstaltungen am Rathausplatz, Punsch-Ständen, Pantomimen und anderen Darbietungen weitgehend zu befreien.

"Bunte Vögel"

"Ja, ich will manches ganz abstellen, aber ich will niemanden aussperren", kommentiert Stenzel die Kritik an ihrer Forderung, öffentliche Parks nur beschränkt zugänglich zu machen. "Ich will nicht, dass Eltern mit ihren Kindern über Spritzen, Kot und Erbrochenes steigen müssen, wenn sie spazieren gehen". Jedenfalls will sie "auch bunte Vögel" um sich scharen und "mein Amt offen führen."

Ende November wird sie angelobt, dann legt sie ihr EU-Mandat zurück. Der steirische ÖAAB-Chef Hubert Pirker wird an ihrer Stelle ins EU-Parlament einziehen. (DER STANDARD, Karin Krichmayr, Printausgabe, 25. Oktober 2005)