Im Inneren eines Güterwagens der Deutschen Reichsbahn: Zunächst noch in Personenwagen, wurden ab Winter 1941/42 die deutschen Juden in Güterwagen, die auch "Viehwagen" hießen, deportiert.

Foto: Clemens Kirchner, DTMB
Berlin - 60 Jahre nach Kriegsende dokumentiert das Deutsche Technikmuseum in Berlin die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich zwischen 1941 und 1945. Die neue ständige Ausstellung im Lokschuppen des Museums zeigt Landkarten und Fahrpläne aus dem dunkelsten Kapitel der - nicht nur - deutschen Eisenbahngeschichte und verfolgt zwölf Einzelschicksale. "Das besondere ist, dass solche Fotos nicht in einer Gedenkstätte zu sehen sind, sondern mitten in einem Technikmuseum", sagte Andreas Nachama, Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, am Montag. Durch die Dokumentation der Einzelschicksale wolle die kleine Schau "das Unfassbare fassbar machen", ergänzte Museumsdirektor Dirk Böndel.

Die kleine Schau ist zwischen alten Lokomotiven aufgebaut und mag Liebhaber von Eisenbahn-Technik an dieser Stelle überraschen. Von einem alten Schwarz-Weiß-Foto blicken zwei Berliner Buben den Betrachter an, es sind die Brüder Gert und Hans Rosenthal. Das Foto entstand vermutlich im Jahr 1940, es ist vielleicht das letzte, das es von den beiden gibt. Der zehnjährige Gert musste zwei Jahre später am Berliner Güterbahnhof Moabit in einen "Sonderzug" Richtung Osten steigen, zusammen mit 140 anderen jüdischen Kindern. Bei Riga wurde er wenige Tage später erschossen. Sein älterer Bruder Hans, Jahrgang 1925, versteckte sich bis Kriegsende in einer Berliner Laubenkolonie. Im Nachkriegsdeutschland wurde er als TV-Entertainer ("Dalli Dalli") bekannt. Hans Rosenthal schrieb später das Buch "Zwei Leben in Deutschland", er starb 1987.

Bereits seit 1988 widmet sich das Berliner Technikmuseum der Rolle der Reichsbahn bei der Ermordung europäischer Juden im Dritten Reich. Seitdem steht auch ein Viehwaggon, in dem Menschen verschleppt wurden, im Lokschuppen. Im Zweiten Weltkrieg wurden von den Nationalsozialisten zwischen fünf und sechs Millionen Juden in Europa ermordet. Von Oktober 1941 bis Mai 1945 transportierten Personenzüge und Viehwaggons mehr als 130 000 Juden aus dem Deutschen Reich in die Gettos und Vernichtungslager Osteuropas. Die Züge starteten in Berlin von den Stationen Grunewald und Moabit sowie vom Anhalter Bahnhof. Viele von ihnen gingen nach Litzmannstadt (Lodz), Minsk, Kaunas, Riga, Lublin sowie in das böhmische Getto Theresienstadt und ab Ende 1942 auch nach Auschwitz. (APA/dpa)