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Auch Schulkinder nahmen an der Demonstration in Teheran teil.

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Trotz wachsender internationaler Proteste hat der iranische Präsident Mahmoud Ahmadi-Nejad seinen Aufruf zur Zerstörung Israels wiederholt und ist dabei von zehntausenden Demonstranten in Teheran bejubelt worden. Seine Aussage, Israel müsse von der Landkarte getilgt werden, sei "richtig und angemessen" gewesen, sagte Ahmadi-Nejad am Freitag. Bei der organisierten Kundgebung in Teheran zogen zehntausende Menschen durch die Straßen und riefen unter anderem Parolen wie "Tod für Israel".

Ahmadi-Nejad wies die internationalen Proteste gegen seine Aussagen zurück. "Sie sind frei zu reden, aber ihre Worte haben keine Gültigkeit", sagte der iranische Präsident. Es sei klar, dass ein "richtiges und angemessenes" Wort eine Reaktion hervorrufe. Seine Worte seien "exakt" die Worte des iranischen Volkes, fügte Ahmadi-Nejad hinzu.

Bei der Kundgebung in Teheran wurde eine Erklärung verlesen, in der es hieß, die Demonstranten unterstützten die Äußerungen Ahmadi-Nejads vollständig. Die Kundgebungsteilnehmer verbrannten israelische und US-Flaggen sowie ein Bild von Israels Premier Ariel Sharon. Selbsterklärte Kandidaten für Selbstmordattentate hatten Sprengstoffgürtel-Attrappen umgebunden und trugen ein Spruchband mit der Aufschrift "Jerusalem ist unser".

Ahmadi-Nejad sowie mehrere seiner Minister befanden sich unter den Demonstranten in Teheran. In anderen iranischen Städten gab es ähnliche Demonstrationen. Die alljährliche Al-Quds-Kundgebung, die zur "Befreiung" Jerusalems (Al-Quds) aufruft, war von Ayatollah Khomeini nach der Islamischen Revolution 1979 im Iran eingeführt worden.

Auf einer Konferenz über "Die Welt ohne Zionismus" hatte Ahmadi-Nejad am Mittwoch Israel als eine Gefahr für die Welt bezeichnet und gemeint: "Israel muss von der Landkarte radiert werden." Bei der Großdemonstration in Teheran und anderen Städten wurde diese Meinung auch von Demonstranten unterstrichen.

Sie verlangten die Vernichtung Israels. Derartige Äußerungen gehören inzwischen zur Routine der neuen Regierung. Außenminister Manuchehr Mottaki erklärte etwa am Donnerstag im Fernsehen: "Wir erkennen das zionistische Regime nicht an und betrachten es nicht als legitim."

Repressalien

Obwohl Ahmadi-Nejad Äußerungen auch im Iran als völlig unangebracht bezeichnet werden, ist die liberale Presse wegen befürchteter Repressalien mit ihren kritische Äußerungen sehr zurückhaltend.

Der ehemalige Präsident Hashemi Rafsanjani reagierte beim Freitagsgebet: "Die Juden genießen unseren Respekt, und wir als Moslems können nichts gegen Juden haben. Wir haben nichts dagegen, dass alle Weltreligionen in Palästina in Frieden nebeneinander leben." Man solle die Leute, die zur Zeit in der Gegend wohnen, fragen, welches System sie bevorzugen. "Was die Mehrheit akzeptiert, werden wir auch akzeptieren."

Abgelehnt werde jedoch der Zionismus, der auf einem System der Rassentrennung beruhe, meinte Rafsanjani.

Seit der Machtübernahme des neuen Präsidenten Mahmud Ahmadi-Nejad ist ein Umschwung der Haltung zu bemerken. Der ehemalige iranische Präsident Mohammed Khatami hatte den Dialog mit dem Ausland gesucht und einen liberaleren Kurs im Inland verfolgt. Diese Kursänderung ist inzwischen auch bei den Konservativen nicht unumstritten und hat den neuen Präsidenten vor ungelöste Probleme gestellt.

Mehr als hundert Tage nach der Amtsübernahme Ahmadi-Nejad ist sein Kabinett wegen Differenzen zwischen verschiedenen konservativen Gruppen noch immer nicht vollständig besetzt. Zudem gibt es Kritik am Wirtschaftskurs. Ahmadi-Nejads Pläne, die Bankzinsen bald zu senken und seine Äußerungen über die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität führten zu Verunsicherung. Viele Aktien an der iranischen Börse erleiden enorme Verluste. Die Wirtschaft befindet sich in einer Rezession.

Auch werden in Teheran Stimmen laut, die der iranischen Delegation Konzeptlosigkeit bei den Verhandlungen mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) vorwerfen, die in vier Wochen wieder beginnen werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.10.2005)