Istanbul - Die türkische Menschenrechtsanwältin Eren Keskin ist nach der Rückkehr von einer Konferenz in Berlin am Flughafen von Istanbul in Polizeigewahrsam genommen worden. Die Festnahme wurde mit einem Haftbefehl begründet, den eine Strafkammer vor mehr als einem Jahr wegen ihres Nichterscheinens vor Gericht verhängt hatte, wie der türkische Menschenrechtsverein IHD am Montag in Istanbul mitteilte.

Keskin, die im vergangenen Jahr mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet worden war, ist in der Türkei wegen angeblicher "Beleidigung der Streitkräfte" angeklagt. Dafür droht ihr eine Haftstrafe zwischen sechs Monaten und drei Jahren.

Drei Gerichten vorgeführt

Die Anklage bezieht sich auf Äußerungen der Menschenrechtlerin, die sie im März 2002 bei einer Podiumsdiskussion in Köln zum Thema Frauenrechte gemacht hatte. Nach ihrer Festnahme wurde Keskin am Montag drei Gerichten vorgeführt, bei denen nach Angaben des Menschenrechtsvereins ähnlich gelagerte Verfahren gegen sie anhängig sind. Das Gericht, das im Oktober 2004 den Vorführungsbefehl gegen Keskin erlassen hatte, hatte vergangenen Dienstag die Vollstreckung verlangt, damit der Prozess nicht weiter verschleppt werde.

Keskin, Vorsitzende der Istanbuler IHD-Sektion, hatte ihr Nichterscheinen vor Gericht damit begründet, dass sie in der Sache vor einem der mittlerweile aufgelösten Staatssicherheitsgerichte ausgesagt habe. Das Gericht habe sie damals freigesprochen. "Wenn ich zu all diesen Prozessen gehe, kann ich meiner Arbeit nicht mehr nachgehen", sagte Keskin in der vergangenen Woche. (APA/dpa)