Paris - Zehn Millionen Menschen erkranken jährlich weltweit an Krebs. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Heilungsaussichten weiterhin schlecht. Doch in mehreren Bereichen ändert sich das Bild derzeit dramatisch. Brustkrebspatientinnen haben immer besserer Chancen, es gibt auch Fortschritte beim bisher nur schwer behandelbaren Lungenkrebs, erklärten Fachleute am Montag bei der Europäischen Krebskonferenz (ECCO) in Paris (bis 3. November).

Einen wesentlichen Vorteil für Brustkrebspatientinnen mit Tumoren, bei denen an der Zelloberfläche vermehrt ein Rezeptor für einen Wachstumsfaktor gebildet wird (HER-2) bildet offenbar "Herceptin" (Trastuzumab/Roche), ein Medikament mit monoklonalen Antikörpern. 25 Prozent der Frauen mit einem Mammakarzinom leiden an dieser aggressiveren Tumorform. Während früher Trastuzumab zur Blockade der Wachstumsfaktor-Rezeptoren nur in fortgeschrittenen, metastasierten Stadien eingesetzt wurde, zeigt immer mehr auch ein Vorteil bei einer sehr frühen Verwendung.

Brustkrebsstudie

Am Montag wurde in Paris beim ECCO-Kongress die Auswertung einer internationalen Studie mit 5.090 Brustkrebspatientinnen in einem frühen Stadium und der Erkrankungsform, die auf "Herceptin" anspricht, präsentiert. Die Frauen hatten nach der Operation zumindest vier Chemotherapiezyklen und eventuell danach auch noch eine Antiöstrogen-Behandlung (Tamoxifen) erhalten. Dann bekam die Hälfte von ihnen den monoklonalen Antikörper (eine Infusion alle drei Wochen für ein Jahr), die andere Hälfte nicht.

Das Hauptergebnis: Am Ende der Beobachtungszeit hatten 85,8 Prozent der Frauen in der "Herceptin"-Gruppe ohne Rückfall überlebt, in der Vergleichsgruppe waren es 77,4 Prozent. Die zusätzliche Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper brachte auch eine Verringerung der Gesamtsterblichkeit, der aber statistisch nicht signifikant war.

Studienleiter Univ.-Prof. Dr. Michael Untch von der Universitäts-Frauenklinik in München (Großhadern): "Herceptin reduziert die Häufigkeit des Wiederauftretens der Erkrankung und des Auftretens von Metastasen um 50 Prozent." Kommt es zu einem Rückfall mit Tochtergeschwülsten (Metastasen), gibt es derzeit für Brustkrebspatientinnen langfristig keine Heilung mehr.

Weitere Wirkstoffe

Auch andere Antikörper werden derzeit bereits bei Brustkrebs erprobt. So steigert offenbar eine Kombination von Bevacizumab mit dem Chemotherapeutikum Paclitaxel die Überlebenszeit ohne Rückfall bei Frauen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom von rund sechs auf fast elf Monate. Bevacizumab soll die Blutversorgung von Tumoren blockieren.

Seit kurzem ist in Europa mit Erlotinib (Tarceva/Roche) ein synthetisch hergestellter Wirkstoff auf dem Markt, der den HER-1-Rezeptor für Wachstumsfaktoren an der Oberfläche von Lungenkarzinom-Zellen blockiert. Damit konnte erstmals durch eine medikamentöse Therapie die Überlebenhäufigkeit bei Patienten mit inoperablem Lungenkarzinom und dem Versagen einer ersten Chemotherapie deutlich erhöht werden: Das Medikament ließ die Überlebensrate nach einem Jahr von 22 Prozent bei herkömmlicher Chemotherapie auf 31 Prozent steigen. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Schwerkranken verlängerte sich um mehr als 40 Prozent. (APA)