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Edmund Stoiber bei seinem Landsmann Benedikt XVI. in Rom: Auf dem Flug zum Papst las ihm CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann die Leviten.

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Während in der SPD nach den überstandenen Personalquerelen wieder Ruhe einkehrt, geht die Debatte in der Union um CSU-Chef Edmund Stoiber weiter. Abgeordnete wollen ihn als bayerischen Ministerpräsidenten ablösen.

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Berlin/München - Es sollte ein erholsamer Ausflug der CSU-Landtagsfraktion nach Rom inklusive Audienz bei Papst Bendikt XVI. werden, aber für Edmund Stoiber wurde der Ausflug am Donnerstag fast zu einem Himmelfahrtskommando. Wie Spiegel Online berichtete, gibt es in der CSU-Landtagsfraktion konkrete Bestrebungen, Stoiber als bayerischen Ministerpräsidenten abzulösen. So lässt der Landtagsabgeordnete und frühere bayrische Justizminister Alfred Sauter über seine Anwaltskanzlei bereits mehrere Gutachten erstellen.

"Riesenapplaus"

Auf dem Flug der CSU-Landtagsfraktion nach Rom hat Fraktionschef Joachim Herrmann in einer Ansprache harsche Kritik an Stoiber geübt, der doch nicht als Wirtschaftsminister nach Berlin wechseln will. "Wenn Bayern Bayern bleiben soll, dann muss sich was ändern." Daraufhin hat es laut Bayerns Innenminister Günter Beckstein, der sich Hoffnungen auf die Nachfolge als Ministerpräsident gemacht hatte, "einen Riesenapplaus gegeben". Beckstein mahnte auch mehr kameradschaftlichen statt des bisherigen autoritären Stils im Kabinett ein - ein weiterer Seitenhieb gegen Stoiber.

Auch in der CDU fielen ungewöhnlich scharfe Worte gegen den CSU-Chef nach dessen Rückzieher. "Stoiber war in Berlin eine Belastung", sagte der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). In Zeiten, in denen das Gebot der Stunde die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sei, habe Stoiber alle mit Kompetenzstreitigkeiten aufgehalten, um schließlich "April, April" zu rufen. FDP-Chef Guido Westerwelle nannte Stoiber einen "Leichtmatrosen" und warf ihm "Flucht aus der Verantwortung vor".

Streit als Stilfrage

Während es in der Union weiter rumort, kehrte in der SPD nach den binnen 30 Stunden geklärten Personalentscheidungen wieder Ruhe ein. Nach den Vorstellungen des designierten Parteichefs Matthias Platzeck soll in Zukunft in den Parteigremien aber tüchtig diskutiert werden. Er wolle einen "kameradschaftlichen Stil" pflegen, versprach Platzeck. Die Menschen sollten spüren, dass Politik kein Selbstzweck sondern die Suche nach besten Lösungen sei.

Auch die personellen Vorschläge des künftigen SPD-Lenkers fanden in der Partei breite Zustimmung. Die Parteilinken zollten ihm Respekt, dass er Andrea Nahles, die mit ihrer Kandidatur als Generalsekretärin Franz Müntefering zum Rückzug als SPD-Chef bewogen hatte, einen der fünf Posten als Parteivize angeboten hatte. Nahles wollte nach heftiger interner Kritik aber nicht mehr kandidieren.

Freund als Generalsekretär

Statt ihr rückt nun Elke Ferner, SPD-Frauenchefin und ebenfalls Parteilinke, als Stellvertreterin auf. Mit der Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann holte Platzeck eine erfahrene Kommunalpolitikerin; das für die SPD wichtige Bundesland Nordrhein-Westfalen ist durch den künftigen Finanzminister Peer Steinbrück repräsentiert. Ute Vogt aus Baden-Württemberg wird Parteivize bleiben, Kurt Beck, Ministerpräsident aus Rheinland-Pfalz, wird erster Stellvertreter Platzecks. Mit dem 33-jährigen Hubertus Heil holte sich Platzeck einen Freund als Generalsekretär.

Der scheidende SPD-Vorsitzende Müntefering will sich beim Parteitag Mitte November einen ausdrücklichen Auftrag der Basis geben lassen, Vizekanzler und Minister in der großen Koalition zu werden. Sein designierter Nachfolger Platzeck nahm am Donnerstag zum ersten Mal an der Spitzenrunde der Parteichefs bei den Koalitionsverhandlungen teil. (DER STANDARD, Printausgabe, 04.11.2005)