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Vizekanzler und Verkehrsminister Gorbach: "Wollen wir diesen Gewerkschaftsstaat?"

Foto: AP/Ronald Zak
Wien - Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach stellt sich im Streit um ein neues ÖBB-Dienstrecht die Frage, "ob wir diesen Gewerkschaftsstaat wollen." Eine entsprechende Äußerung machte Gorbach in einem Interview mit dem "Kurier" (Sonntag-Ausgabe) nachdem ihm Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl ausrichten hatte lassen, er solle "den Mund halten". Das sei eine "ungeheuerliche Diktion", konterte Gorbach.

Weiters sagte der Vizekanzler: "Es ist symptomatisch für die Einstellung einiger schwarzer Schafe bei den ÖBB, die wissen, dass sie unkündbar sind. Da frage ich mich, ob wir uns das gefallen lassen sollen." Vielleicht handle es sich aber nur um eine kurzfristige Entgleisung, mutmaßte Gorbach: "Ich habe Haberzettl zu Gesprächen am runden Tisch eingeladen. Die Einladung steht noch immer. Mir geht es um die Sache."

"Kein Wortbruch der Regierung"

Die Regierung habe keinen Wortbruch begangen, argumentierte Gorbach. Nach dem Eisenbahner-Streik 2003 hätten ÖBB-Management und Gewerkschaft einen Kollektivvertrag ausverhandelt, der vorsieht, dass Mitarbeiter versetzt und verleast werden könnten. "Genau dagegen haben Mitarbeiter mithilfe der Gewerkschaft geklagt", sagte Gorbach gegenüber dem "Kurier". Das heiße: "Der Generalkollektivvertrag ist kein taugliches Mittel, Mitarbeiter zu verleasen. Nicht wir sind wortbrüchig geworden, die Gewerkschaft hat unser Vertrauen missbraucht."

Die Regierung plant, bis zu den nächsten Wahlen 2006 eine Änderung des Bundesbahnstrukturgesetzes, die es den ÖBB ermöglichen soll, Mitarbeiter innerhalb des Konzerns zu versetzen, aber auch an dritte Unternehmen zu verleasen bzw. wenn sich der Betroffene weigert, ihn auch kündigen zu können. Laut Gorbach sollen die ÖBB dadurch längerfristig rund 10.000 ihrer derzeit noch rund 47.000 Mitarbeiter abbauen können. Gleichzeitig will die Regierung das ÖBB-Sonderrecht für Frühpensionierungen aus Bedarfsmangel einschränken.

Gewerkschaft: "Absolute Kriegserklärung"

Die Gewerkschaft, die am Mittwoch von einer absoluten Kriegserklärung gesprochen hatte, verweist auf eine Vereinbarung nach den ÖBB-Streiks im Jahr 2003, in der sich die Regierung dazu verpflichtet hatte, "alle dienstrechtlich relevanten Bestimmungen des zur Verhandlung stehenden Gesetzentwurfs zur ÖBB-Reform (...) von der Parlamentarischen Behandlung" abzusetzen. Im Gegenzug hatten ÖBB und Gewerkschaft im Vorjahr einen Generalkollektivvertrag vereinbart, in dem unter Paragraf 3 die Versetzung von Arbeitnehmern zwischen ÖBB- und ÖBB-nahen Unternehmen auch ohne Zustimmung des Betroffenen bereits geregelt wird. (APA)