Zagreb - Ein Gerichtsurteil gegen den kroatischen Autor Predrag Matvejevic hat für eine bemerkenswerte Reaktion von Premier Ivo Sanander gesorgt. Matvejevic war wegen Verleumdung zu fünf Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Vor vier Jahren hatte der Intellektuelle in der Zeitung "Jutarnji list" im Text "Nasi Talibani" (Unsere Talibane) anderen Schriftstellern vorgeworfen, mit nationalistischen Inhalten den Hass am Balkan geschürt zu haben.

Konkret kritisierte er deren Haltung gegenüber bosnische Kollegen. Einer der Kritisierten, Mile Pesorda, klagte Matvejevic. Dieser wurde am 2. November von einem Zagreber Gericht verurteilt. In Folge erklärte Sanader (Kroatische Demokratische Gemeinschaft/HDZ), dass er das Urteil für unannehmbar halte. Demokratie bedeute auch, Verantwortung für das geschriebene Wort zu übernehmen.

Schriftsteller, nicht Premier

Allerdings legte der Politiker Wert auf die Feststellung, dass er sich als Mitglied des Kroatischen Schriftstellerbunds und des PEN-Klubs zu Wort melde. Als Premier stünden ihm Kommentare zu Gerichtsentscheidungen nicht zu.

Matvejevic ist Professor für französische Literatur mit einem Doktorat der Pariser Universität Sorbonne gemacht. Er ist auch Literaturkritiker und Autor von zahlreichen Essays. Im 1992 wurde Matvejevic mit dem europäischen Essay-Preis Charles Veillon ausgezeichnet. 1986 wurde er zum Vizepräsidenten des Internationalen PEN-Clubs gewählt.

Der 73-jährige Autor, der in Rom lebt, erklärte, er erkenne die Legitimität des Urteils nicht an und werde daher nicht dagegen berufen. Notfalls sei er aber bereit ins Gefängnis zu gehen. (APA)