Bild nicht mehr verfügbar.

Warten auf den 12. Imam: Ayatollah Ali Khamenei (vorn) und Präsident Mahmud Ahmadi- Nejad beim Gebet zum Ende des Fastenmonats Ramadan vergangenen Freitag.

Foto: AP
Irans Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad scheint von den Mitgliedern seiner Administration vor allem eines zu erwarten: bedingungslose Gefolgschaft. Die iranische Wirtschaft zittert, und auch seine Wähler sind unzufrieden.

* * *

Mehr als drei Monate nach seiner Wahl hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad seine restlichen Kabinettsmitglieder dem iranischen Parlament zur Bestätigung vorgestellt. Vier neue Minister, die erst nach Zustimmung des Parlaments am Mittwoch ihr Amt antreten können, sind treue Anhänger Ahmadi-Nejads und haben keine politische Erfahrung. Das gilt auch für den kommenden Ölminister: Sadegh Mahsoli (46) war Oberbefehlshaber der Revolutionsgarde im Südwestiran und ist im iranischen Ölministerium unbekannt.

Wie DER STANDARD erfahren hat, werden in den kommenden Tagen auch die neuen Botschafter in Europa vorgestellt. Ali Reza Moaieri soll der neue Vertreter bei der UNO in Genf werden, und der jetzige Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hamid Reza Asefi, soll nach Berlin oder Paris gehen. In den nächsten Tagen werden außerdem mehr als 30 Posten im Außenministerium neu besetzt.

Seit dem Amtsantritt Ahmadi-Nejads besetzten konservative Hardliner, die nur durch ihr bedingungsloses Bekenntnis zur religiösen Führung auffallen, die wichtigsten Posten in allen Ministerien und staatlichen Organisationen. Sie stammen vorwiegend aus der Revolutionsgarde oder paramilitärischen Organisationen. So ernannte Ahmadi-Nejad den Teheraner Polizeichef Mohammed Reza Naghdi, der wegen des harten Vorgehens gegen demonstrierende Studenten vor vier Jahren, das zum Tod eines Studenten führte, verurteilt wurde, zum neuen Chef für das Amt für Korruptionsbekämpfung.

Tiefe Rezession

Nach Meinung von Fachleuten stellen Fehlbesetzungen Ahmadi-Nejads die iranische Wirtschaft auf eine harte Probe. Trotz höchster Öleinnahmen und steigender iranischer Bankreserven befindet sich die iranische Wirtschaft in einer tiefen Rezession. Die Börse stellt jeden Tag neue Minusrekorde auf. Viele kleine Anleger haben fast ihr gesamtes Vermögen verloren; um den Aktienkurs zu unterstützen, hat die Regierung sogar indirekt interveniert.

Und Diplomaten befürchten, dass Ahmadi-Nejad den Iran durch seine Außenpolitik völlig ins Abseits manövriert. Aber auch bei Anhängern wächst die Unzufriedenheit: Die angekündigte Senkung der Bankzinsen und Grundstückpreise lässt auf sich warten. Ahmadi-Nejad scheint andere Prioritäten zu haben: Zur Irritation vieler Gelehrter werden Konturen einer Ideologie immer sichtbarer, die auf die Wiederkehr des Messias in Gestalt des 12. Imams basiert und in letzter Zeit in allen Bereichen, vor allem im iranischen Radio und Fernsehen, propagiert wird. Ahmadi-Nejad sagte in einem Interview: "Unser Ziel besteht nicht in der Schaffung von Wohlstand und Fortschritt, sondern darin, dass wir die besten Voraussetzungen für die Rückkehr des 12. Imams schaffen."

Die Reformer sind inzwischen ohne eine von allen akzeptierte Führungskraft, nachdem Expräsident Mohammed Khatami sich fast aus der Politik zurückgezogen hat. Er äußert sich selten, und diese Äußerungen werden von den iranischen Medien weit gehend ignoriert. Der frühere Präsident hat Ahmadi-Nejads Anspruch auf die Islamisierung aller Bereiche der Gesellschaft infrage gestellt und festgehalten, er wisse nicht, von wem die neuen Machthaber im Iran den Anspruch auf die Islamisierung des ganzen Globus erhalten haben: "Wir sollten uns lieber auf uns konzentrieren, und nicht glauben, dass wir einen Auftrag für die ganze Menschheit haben." (DER STANDARD, Printausgabe 7.11.2005)