Im März 2006 werden Innsbrucker Bürgermeister und Gemeinderat gekürt - was vor dem Hintergrund der Erfahrungen beim letzten Votum dieser Art auch bundespolitisch interessante Vorzeichen liefern könnte.

***

1. Herwig van Staa, damals noch Bürgermeister, gewann die Gemeinderatswahl 2000 als Parteirebell mit der "Liste für Innsbruck". Der eigentlichen ÖVP blieben 11,5 Prozent.

Es heißt, dass streitende Parteien verlieren. Die ebenfalls in mehrere Listen filetierte SPÖ bilanzierte mit 11,7 Prozent. Auch für die Nationalratswahlen 2006 schwirren infolge FPÖ-/ BZÖ-Spaltung, geheimen Absichten von Hans-Peter Martin (und Hans Dichand), Spekulationen über Ernest Kalteneggers nationale KPÖ-Hintergedanken sowie mit der Dauerdiskussion über die potenzielle Kandidatur einer (wirtschafts-)liberalen Gruppe eine Menge möglicher Listen herum. Wem nützt die Zersplitterung einer Parteienlandschaft?

Alle etablierten Parteien verlieren Stimmen an neue Konkurrenten, doch relativ hilft die Unübersichtlichkeit einer Wahl dem Amtsinhaber. Im Verwirrspiel der 13 Innsbrucker Listen wählte man Van Staa, dessen - durchaus umstrittenes - Politik- und Stilverständnis am ehesten bekannt war. Stimmt das, ist Wolfgang Schüssel ohne eigenen Verdienst im Vorteil, und die SPÖ muss sich eine Gegenstrategie überlegen. Nur zu hoffen, dass niemand zusätzlich kandidiert, wäre naiv.

2. Dasselbe gilt für die Grünen. Innsbruck zeigt, was in Städten möglich ist. In der Nationalratswahl 2002 schaffte man fast 20, ein Jahr später für den Landtag sogar 27 Prozent. In den Wahlen zum EU-Parlament 2004 erzielten die Innsbrucker Grünen mit 28,3 Prozent ein Rekordergebnis, landeten erstmals auf Platz 1, und das im konservativ-heiligen und so gar nicht linksliberalen Land Tirol. Allerdings hat man aus der Wienwahl offenbar nichts gelernt und lässt die überhöhte Erwartungshaltung zu, sich den Bürgermeistersessel zu holen.

Innsbruck beweist, dass die Grünen zu sehr von ihrerseits nicht steuerbaren Umständen leben. Die Erfolge sind nicht nur durch eigene Stärken oder Schwächen der Konkurrenz erklärbar. Eine Kandidatur des Transitforums etwa würde massive Grünverluste bewirken. Und wer garantiert, dass sich nicht bundesweit der eine oder andere Akteur ähnlichen Zielgruppen widmet? Zudem profitierten die Grünen mit ihren politisch interessierten Anhängern prozentuell von der geringen Wahlbeteiligung, die sich aber in der umkämpften Nationalratswahl 2006 kaum wiederholen wird.

3. Die ÖVP hat ein anderes Problem. Innsbruck ist die einzige Landeshauptstadt, in der es bisher nur schwarze Bürgermeister gab. Doch wird Hilde Zach Van Staas Schatten nicht los und gilt als Paradefall der Schwächung von ÖVP-Amtsinhabern. Ihr wird anhand katastrophaler Umfragewerte genauso Führungsschwäche nachgesagt wie Harald Scheucher in Klagenfurt oder Siegfried Nagl in Graz.

Was können die wichtigsten Stadtchefs 2006 für ihre Partei leisten? In der Steiermark war es zuletzt nicht viel, auch wenn man nun Waltraud Klasnic allein für das Debakel verantwortlich macht. Alle anderen Landeshauptstädte sind mit Ausnahme von Bregenz ohnedies in roter Hand. Und so viele Stimmen kann die ÖVP auf dem Land gar nicht holen, wie sie momentan in ihren Mehrheitsstädten verschenkt.

Die Innsbrucker Wahl wird zeigen, wer von den drei lokalen "Playern" - ÖVP, SPÖ oder Grüne, die FPÖ ist kein nennenswerter Faktor - seine strategischen Hausaufgaben am besten löst. Gelingt der Partei des Wahlsiegers dasselbe auf Bundesebene, hätte man alle Chancen. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2005)