Sonntags wird gerne geredet. Und Europa ist auch ein dankbares Thema. Insofern blieb die erste Europa-Matinee des ORF - trotz ihres einigermaßen erratischen Diskussionsverlaufes - im Rahmen des Erwartbaren. Aber immerhin: Neues zeigte sich in der exzentrischen Besetzung der Veranstaltung. Und daraus ergibt sich wohl erster Aufschluss, wie denn die innerkoalitionäre Familienaufstellung während der kommenden EU-Präsidentschaft aussehen könnte.

Da darf etwa Jörg Haider, Regionalpolitiker und Ex-Bundesobmann einer bisher bloß virtuell vorhandenen Partei (Änderungen nach Redaktionsschluss sind ausdrücklich vorbehalten), den globalisierten Kapitalisten live die Maske vom Gesicht reißen. Während in anderer Runde - so viel Ausgewogenheit muss sein - der bisher im EU-Parlament wenig auffällige FP-Bursche Andreas Mölzer über eine angebliche Bedrohung eingeborener Europäer schwadroniert. Daneben gesteht ein gelassener Bundeskanzler Wolfgang Schüssel beiden Lagern viel Platz zu - nicht ohne mit einem jovial-staatsmännischen Duwort an Industriekommissar Günter Verheugen dann doch klarzustellen, wer tatsächlich zu den europäischen Spielmachern gehört.

Eine solche Arbeitsteilung unter Freunden sichert allen Beteiligten eine ordentliche Medienpräsenz zu. Und niemand Vernünftiger kann Interesse daran haben, während der EU-Präsidentschaft für Turbulenzen zu sorgen und womöglich die eigene, zumindest für einige ohnehin schon schwierige Ausgangsposition für die Wahlen im Herbst zu gefährden.

In solch einem Setting ist es dann eigentlich auch belanglos, welche Themen die britische Präsidentschaft für Österreich übrig lässt. Was in Brüssel geschieht, erledigen die EU-Eingeweihten ohnehin geräuschlos. Für den Hausgebrauch dürfen dafür auch BZÖ und FPÖ ein paar politische Kadenzen spielen. Europa ist ein dankbares Thema, auch während der Woche. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2005)