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Auch in Oberösterreich und dem Burgenland sind Fälle aufgetaucht. Das Phänomen eines "Pferderippers" ist in Österreich eher neu.

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Wien – "Ausschließen kann man nichts, auch nicht, dass der Täter für Menschen gefährlich werden könnte", ist Herbert Miedl vom steirischen Landeskriminalamt (LKA) vorsichtig. "Der Täter" ist ein Unbekannter, der aus offenbar sexuellen Motiven seit Anfang Oktober fünf Pferde verletzt haben soll, auch in Oberösterreich und dem Burgenland könnte der Tierquäler schon aktiv gewesen sein.

Beim steirischen LKA nimmt man die Sache durchaus ernst, wenngleich Alois Eberhart, der stellvertretende Leiter, betont, "keine Panik" verbreiten zu wollen. Von einem "Pferderipper" wie in Norddeutschland, wo seit 1993 über 900 Tiere von einem oder mehreren Tätern attackiert worden sind, will er noch nicht sprechen. Dennoch bittet er um Mithilfe.

Die Ermittlungen gestalten sich schwierig – die Verletzungsspuren werden oft erst so spät entdeckt, dass weder Tatort noch exakte Tatzeit feststehen. Der erste Vorfall muss sich zwischen 9. und 10. Oktober in Heiligenkreuz am Waasen (Bez. Leibnitz) ereignet haben. Eine Stute war "mit einem scharfen Gegenstand im Genitalbereich verletzt worden", schildert Miedl.

Mittlerweile sind sich die Kriminalisten in drei Fällen, die sich in einem Umkreis von 40 Kilometern abgespielt haben, sicher, es mit demselben Täter zu tun zu haben, zwei weitere werden noch geprüft. Auch im oberösterreichischen Kurort Gallspach (Bez. Grieskirchen) gibt es ein Pferd mit ähnlichen Verletzungsspuren wie in der Steiermark, bestätigt Oberösterreichs Sicherheitsdirektor Alois Lißl.

Pferdequäler

Im Land ob der Enns musste man heuer bereits Erfahrungen mit Pferdequälern machen. Erst im Juli stach ein Unbekannter zwei Tieren in die Brust, kurz zuvor hatte ein Täter fünf Islandpferden in Schörfling (Bez. Vöcklabruck) Mähne und Schweif abgeschnitten – wodurch die Tiere keine Fliegen mehr vertreiben konnten.

Ob Aggression gegen Tiere nur ein Anfang ist und sich die Gewalt früher oder später automatisch auch gegen Menschen richtet, ist bisher noch nicht ausreichend erforscht, wird in der deutschen Fachzeitschrift Rechtsmedizin bedauert. In Einzelfällen gibt es diese Verbindung aber durchaus – etwa im Fall eines deutschen vierfachen Frauenmörders und Vergewaltigers, für den das Töten eines Meerschweinchens als Kind ein Schlüsselerlebnis war. Der Mann brachte immer größere Tiere bis hin zu Pferden um, ehe er sein erstes menschliches Opfer tötete.

575 Fälle angezeigt

In der österreichischen Kriminalstatistik spielt "Tierquälerei", der Paragraf 222 des Strafgesetzbuches, eine eher untergeordnete Rolle. 575 Fälle wurden heuer von Jänner bis September angezeigt, rechnet Gerald Hesztera vom Bundeskriminalamt vor. "Es fallen aber vor allem im Sommer viele Delikte an, wenn Hunde in heißen Autos eingesperrt sind und befreit werden müssen." Knapp die Hälfte der Delikte wurde geklärt.

Im privaten Bereich könnte das mutwillige Malträtieren von Vierbeinern durchaus häufiger sein, geht man nach einer Studie der Universität Edinburgh aus dem Jahr 2001. 404 von 1000 zufällig ausgewählten britischen Tierärzten beantworteten damals einen Fragebogen und schilderten 448 Fälle von absichtlichen Verletzungen von Tieren, die ihnen bei ihrer Arbeit untergekommen sind. Bei gleich sechs Prozent dieser Verletzungen konnte anhand der Diagnose, Zeugenaussagen und Geständnissen eindeutig sexueller Missbrauch der Tiere di^ag^nostiziert werden. (DER STANDARD-Printausgabe 08.11.2005)