Wien - "Das ist eine richtungsweisende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, über die wir uns sehr freuen. Denn sie verschafft schwangeren Frauen am Arbeitsmarkt mehr Sicherheit", sagt ÖGB-Frauenvorsitzende und Vizepräsidentin Renate Csörgits. In einem Urteil hat der Oberste Gerichtshof (OGH) erstmals festgehalten, dass die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Dienstgeber während der Probezeit wegen Schwangerschaft der Arbeitnehmerin nicht rechtens ist. Grund für die Trendwende in der Rechtsauslegung sind die Diskriminierungsverbote, die im EU-Gemeinschaftsrecht und seit 2004 auch im österreichischen Gleichbehandlungsgesetz verankert sind.

Kündigung anfechten

Bisher galt die Rechtsauffassung, dass ein Arbeitsverhältnis während der Probezeit unabhängig vom Grund jederzeit aufgelöst werden kann. Nach dem Urteil des OGH vom 31. August 2005 kann die schwangere Arbeitnehmerin nun innerhalb von 14 Tagen beim Arbeits- und Sozialgericht die Kündigung anfechten. "Die betroffene Frau muss vor Gericht die Schwangerschaft als Grund der Beendigung glaubhaft machen. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass andere Gründe und nicht die Schwangerschaft Anlass für die Auflösung des Dienstverhältnisses waren", erklärt Csörgits.

Verschiedene Diskriminierungsarten

Laut RechtsexpertInnen kann das OGH-Urteil auch auf andere Diskriminierungskriterien, die im Gleichbehandlungsgesetz erfasst sind, bezogen werden. "Das Urteil bringt also nicht nur einen gewissen Schutz gegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Wird während der Probezeit ein Arbeitsverhältnis zum Beispiel wegen der sexuellen Orientierung oder wegen des Alters beendet, so kann die Beendigungserklärung künftig ebenfalls vor Gericht angefochten werden", so Csörgits.

Ab Jänner 2006, wenn die Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz in Kraft tritt, gilt die Anfechtungsmöglichkeit auch bei Diskriminierung aufgrund einer Behinderung. "Wird zum Beispiel ein Diabetiker in der Probezeit wegen seiner Krankheit gekündigt, kann er seine Weiterbeschäftigung ab kommendem Jahr ebenfalls einklagen", so Csörgits abschließend. (red)