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derStandard.at: "Irak", "Blunkett", "Terrorismusgesetz", wie lange hält Blair noch durch?

Cuthbertson: Blair hat auch vorher schon rauhe Zeiten erlebt. Er wird den Kopf einziehen, die Presse ignorieren und auf Themen warten, die die Spekulationen um seine politische Zukunft aus den Schlagzeilen verdrängen. Schließlich will er noch mindestens zwei Jahre lang Großbritanniens Premierminister bleiben.

derStandard.at: Der Widerstand des Parlaments und der Regierung gegen das Terrorgesetz war groß. Ist Blairs politischer Rückhalt am Tiefpunkt angelangt?

Cuthbertson: Nein, der Widerstand gegen das Gesetz ist nur ein Streitpunkt. Im schlimmsten Fall wird Blair sich gezwungen sehen, einen Kompromiss zu akzeptieren. Den Bonus, den er sich durch diese Zugeständnis holt, wird er für ein nächstes, schärferes Gesetz verwenden. Und gleichzeitig wird er seine Gegner davor warnen, den Kampf gegen den Terrorismus für die Polizei zu behindern. Außerdem wissen die Parlamentarier, dass auch die Mehrheit der britischen Öffentlichkeit dafür ist, Verdächtige 90 Tage und nicht weniger lang festhalten zu dürfen.

derStandard.at: Blair hat nach den letzten Wahlen angekündigt, seinen Rücktritt vor den nächsten Wahlen einzureichen. Von diesem angekündigten Rücktritt ist nicht mehr die Rede. Ist ein Rücktritt noch wahrscheinlich?

Cuthbertson: Blair sagte bei dieser Pressekonferenz, dass er als Premierminister noch vor den nächsten Wahlen zurücktreten wird. Er habe dies gründlich überlegt und nichts würde seine Entscheidung ändern können. In zahlreichen Meinungsumfragen sprechen sich auch die Mehrheit der Labour Party und die britische Öffentlichkeit dafür aus. Die Frage, wie lange vor den nächsten Wahlen der Rücktritt erfolgt, ist jedoch ungeklärt. Die allgemeine Annahme ist, dass Gordon Brown, der als nächster Labour-Minister vorgesehen ist, noch mindestens ein Jahr, wenn nicht 18 Monate brauchen wird, um politisch so stark zu sein, dass er in Wahlen bestehen kann.

derStandard.at: Ist die einzige Stärke Blairs aktuell die Schwäche der politischen Gegner?

Cuthbertson: Die Konservativen sind derzeit mit der Suche nach einem neuen Chef vollauf beschäftigt und können derzeit wenig Energie darauf verwenden, ernsthaft gegen Tony Blair aufzutreten. Gordon Brown, Blairs größter Rivale innerhalb der Labour Partei, hat bisher Blair unterstützt oder sich rausgehalten. Der wirkliche Widerstand kommt von eine kleinen Gruppe des linken Labour-Flügels, die unglücklich mit Blairs moderaten - so sehen sie das zumindest - rechts gerichteten Kurs ist. Sie könnte Blair bloßstellen, was sie derzeit tut ist, Blair die Unterstützung zu entziehen um ihn zum Rückzug zu zwingen.

derStandard.at: George Michael machte Tony Blair in einem seiner Videos zum Pudel von George W. Bush. Verhält sich Blair in den Augen der Briten wirklich so?

Cuthbertson: Die britische Öffentlichkeit und das Parlament sind sehr unglücklich darüber, dass Blair wie ein Diener von Bush wirkt. Das neue Buch des damaligen britischen Botschafters in Washington, wirft Blair vor, zu Beginn der Irak-Invasion schwach und nachgiebig gegenüber Bush gewesen zu sein. Blair, als einziger Verbündeter der Staaten, soll nicht dazu bereit gewesen sein, politischen Druck für die Verhinderung oder zumindest eine Verzögerung des Krieges einzusetzen. Die britische Öffentlichkeit war energisch gegen den Einsatz britischer Truppen im Irak. Und die Tatsache, dass einer der London-Bomber die britische Teilnahme am Irak-Krieg als Grund für die Anschläge nannte, nachdem Blair das Gegenteil beteuert hatte, schadete Blairs Glaubwürdigkeit ebenfalls enorm. (mhe)