Wien - Das Arbeitsprogramm der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 im Bereich Kultur und Medien wurde gestern, Montag, Abend von Staatssekretär Franz Morak (V) im Rahmen eines Hintergrundgespräches vorgestellt. Schwerpunkt ist das inhaltliche Vorantreiben von Programmen wie "MEDIA 2007" und "KULTUR 2007" und eine Strukturierung des Revisionsprozesses der umstrittenen Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen". Morak glaubt an eine Vorreiterrolle des Kulturlandes Österreich: "In diesem Bereich haben wir eine sehr hohe Glaubwürdigkeit."

Modeschau aus allen 25 EU-Ländern

"Ich weiß, Europa ist nicht sexy, aber es ist sehr wichtig für uns und für unsere Kinder", schickte Morak seiner Darstellung der Vorhaben voraus: "Das sind die Mühen der Ebene, das ist das Antlitz des Alltags." Auf die Ausrichtung von eigenen Kultur-Events als glanzvoll schmückendes Beiwerk will man - mit Ausnahme einiger Projekte für Brüssel, einer im April für Wien geplanten Modeschau aus allen 25 EU-Ländern (plus eines Gastauftritts des austro-türkischen Designers Atil Kutoglu) sowie eines weiteren Projekts im bildnerischen Bereich - weitgehend verzichten. EU-Kulturpolitik sei Knochenarbeit, versicherte Morak, und ein EU-Politiker am Abend meist ziemlich müde...

Durchsetzung von mehr Transparenz und Einfachheit bei EU-Anträgen

Die Durchsetzung von mehr Transparenz und Einfachheit der immer wieder als kompliziert empfundenen Antragsverfahren für Gelder aus EU-Programmen (Morak: "Manche sagen, das Schwierigste dabei sei das Ausfüllen der Formulare") steht ganz oben auf der Vorhabensliste der Österreicher. Gleichzeitig verweist Morak jedoch auf den großen Erfolg beim Abrufen entsprechender Gelder durch heimische Künstler, was dazu führt, dass die jährlichen Rückflüsse aus dem EU-Kulturbereich meist den österreichischen Budgetanteil daran weit übersteigen: "Wir können also offenbar ganz gut damit umgehen."

"Kulturhauptstädte Europas"

Im Bereich der Abwicklung der "Kulturhauptstädte Europas" will man verpflichtende innerstaatliche Wettbewerbe und ein begleitendes Monitoring einführen, die Programme "Bürger/innen für Europa", "MEDIA 2007" und "KULTUR 2007" sollen ab 2007 derzeit laufende Programme ablösen. Ziel ist die inhaltliche und budgetäre Präzisierung der Vorhaben, die jedoch alle vom für Dezember erwarteten Beschluss des Gesamtbudgets abhängen. Morak: "Gelingt das nicht, dann verschiebt sich alles." Für das "Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs 2008" möchte Österreich während seiner Ratspräsidentschaft mit der inhaltlichen Debatte beginnen.

Revision der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen"

Großen Diskussionsbedarf ortet Morak bei der anstehenden Revision der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen": "Das ist eine extrem heikle Materie. Hier wird wirklich um jeden Millimeter gerungen." Im Dezember 2005 wird der Vorschlag der Kommission erwartet, Österreich sehe seine Aufgabe im ersten Halbjahr 2006 vor allem in der "Konkretisierung" der Debatte. Im Mittelpunkt stünden dabei die Definition des Anwendungsbereichs - über klassisches Fernsehen hinaus etwa für Multimedia-Video-Dienste, TV on Demand etc. - sowie die Werberegelungen. Vor allem in Deutschland gibt es ja seit dem Sommer immer wieder Aufregung um "Schleichwerbung", also unerlaubtes Product Placement. Die österreichische Rechtslage, die Produktplatzierungen unter bestimmten Bedingungen zulässt, könnte durchaus ein Beispiel für die Richtlinie werden, meinte Morak: "Wir haben die liberalsten Regeln überhaupt." Werbefenster aus dem Ausland hingegen werden im Zuge der Revision kein Thema, glaubt er. Man habe dies im Europäischen Rat schon mehrmals aufs Tapet gebracht, um "wenigstens" eine Studie zu den Auswirkungen solcher Werbefenster anzuregen. Das Echo sei unbefriedigend gewesen. "Aber für uns ist es ein Problem", räumte Morak ein.

Eine Reihe von Expertenkonferenzen als "Sahnehäubchen"

Neben dem EU-Ministerrat "Bildung, Jugend und Kultur" am 18./19. Mai 2006 in Brüssel und einem informellen Kulturausschuss des Rates am 5.-7. April in Rust ist als "Sahnehäubchen" (Morak) eine Reihe von Expertenkonferenzen geplant: Am 27./28. Jänner gibt es in Salzburg eine Konferenz zum Thema europäische Identität mit dem Titel "The Sound of Europe", am 2./3. März in Wien ein Treffen zum Thema der Stärkung der Europäischen Content- und Kreativwirtschaft, zu dem rund 300 Experten, darunter Vertreter aller vier zuständigen EU-Generaldirektionen, erwartet werden. Am 8./9. Juni wird es in Wien gleichzeitig ein Treffen der europäischen Cultural Contact Points sowie ein Europäisches Forum für Architekturpolitik geben. (APA)