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Bei der Reform geht es laut Bahn-Chef Huber "in besonderen Fällen um eine Aufhebung des Kündigungsschutzes".

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Wien - ÖBB-Holding-Vorstand hat heute, Dienstag, seine Forderung nach einer Reform des Dienstrechtes bekräftigt. "Es ist wahrscheinlich, dass der ÖBB-Konzern in sechs bis sieben Jahren mit 7.000 bis 10.000 Mitarbeitern weniger gut funktionieren kann", sagte Huber nach der Rückkehr aus seinem Urlaub aus Malaysia am Dienstagmorgen in einem Hintergrundgespräch vor Journalisten.

Die Regierung wolle jedoch die ÖBB in ihrer Möglichkeit einschränken, Mitarbeiter in Frühpension zu schicken - bisher die einzige Möglichkeit für die ÖBB, überzählige Mitarbeiter abzubauen. "Ohne adäquaten Ersatz wird die Restrukturierung daher nicht umsetzbar sein, so Huber.

Der Gesetzesentwurf

Der Gesetzesentwurf, den die Regierung dem ÖBB-Vorstand vergangenen Donnerstag vorgelegt hat, sieht laut Huber vor, dass die ÖBB sich, wenn der Arbeitsplatz eines Mitarbeiters wegrationalisiert wird, zumindest zwei bis drei Jahre bemühen müssen, dem Mitarbeiter eine neue Beschäftigung zu besorgen oder ihn umzuschulen. Nur wenn dies erfolglos sei, soll "der Bund die Kosten für diesen Mitarbeiter übernehmen" - etwa in Form eines "Vorruhestands". Huber geht davon aus, dass Vizekanzler Hubert Gorbach und Staatssekretär Helmut Kukacka den genauen Gesetzestext "demnächst zur Verfügung stellen werden".

Als "Halbwegs-Ersatz" für diese Einschränkung des Pensionierungsrechts forderte das Bahn-Management einmal mehr die so genannte "Erweiterung der Dienstpflicht" der Eisenbahner. Der Vorstand wolle "den Leuten, die im Rahmen der Restrukturierung ihren Arbeitsplatz verlieren, eine Alternative innerhalb oder außerhalb des Unternehmens anbieten, die sie dann aber auch annehmen müssen. Wenn der Betroffene das ablehnt und es kann ihm nichts passieren, ist das etwas was nicht hinzunehmen ist", sagte Huber.

Aufhebung des Kündigungsschutzes

Insofern gehe es bei der Reform "in besonderen Fällen um eine Aufhebung des Kündigungsschutzes". Derzeit gilt dieser noch für 80 Prozent der Eisenbahner. Ob die Reform aber durch ein neues Gesetz, einen Kollektivvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine Änderung der Allgemeinen Vertragsbedingungen" erreicht werde, sei ihm gleichgültig, erklärte der Bahn-Chef.

Hoffnung auf Gespräche nächste Woche

Nach den heftigen Auseinandersetzungen mit der Gewerkschaft vergangene Woche setzt das ÖBB-Management nun wieder auf Verhandlungen. Neben dem Runden Tisch mit der Regierung werde es auch ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl und ihm geben, sagte Huber.

Welche Vorschläge der ÖBB-Vorstand zur Dienstrechtreform auf den Runden Tisch bringen wird, wollte Huber nicht vorweg nehmen. Nur so viel: "Mir ist gleichgültig, wodurch die Reform passiert. Ich habe das Gesetz nicht gefordert."

Auch Personalchef Franz Nigl erklärte zwar, dass eine gesetzliche Regelung der erweiterten Dienstpflicht für die Eisenbahner mehr Sicherheit bringen würde. Notwendig sei sie aber nicht. Auch ohne einen Gesetzeseingriff in die Eisenbahnerverträge würde etwa eine kollektivvertragliche Bestimmung, die eine zumutbare Versetzung oder Verleasung an Unternehmen außerhalb der ÖBB als Dienstpflicht vorsieht, wirken. Mitarbeiter könnten sich dann zwar immer noch auf ihr Vetorecht nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz berufen. Um dann nicht gekündigt zu werden, müssten sie ihre Weigerung aber gut begründen, erklärte Nigl.

Die Argumente der Gewerkschaft, die sich auf die 2003 vereinbarten und 2004 umgesetzten Dienstrechtsänderungen mit der Regierung beruft, wollte Huber aber nicht gelten lassen. "Wir erleben im Konzern in den nächsten Jahren eine Fülle von Veränderungen, denen muss man sich stellen", so Huber.

Nichts übrig von den Einsparungen

Von den vereinbarten Einsparungen in Höhe von 100 Mio. Euro sei de facto nichts übrig geblieben. Die Abschaffung der Sonderurlaubsregelen (WUZ, TUZ, FUZ) und Nachtzeitzuschläge habe zwar 55 Mio. Euro gebracht. Die Anpassung Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall an jene normaler ASVG-Bediensteter, die 20 Mio. Euro bringen sollte, habe sich jedoch im Nachhinein als Nullsummenspiel herausgestellt. Bei der Neuregelung der automatischen Gehaltsvorrückungen (Biennalsprünge) zahle das Unternehmen heuer sogar 10 Mio. Euro drauf, die geplanten Einsparungen von 35 Mio. Euro würden hier erst 2010 schlagend. Und wenn man die Mehrkosten durch die Angleichung der ÖBB-Dienstzeiten an das Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz dazu zähle, was 35 Mio. Euro gekostete habe, ergebe sich unterm Strich ein "Nullsummen-Spiel".

Ein Hauptproblem der Bahn ist die Altersstruktur: Mehr als 20.000 der aktuell etwa 47.000 Eisenbahner ist zwischen 40 und 50 Jahren und mit dem Kopf zum Teil schon in der Pension. Weitere 7.000 sind über 50, 8.500 zwischen 35 und 40 Jahren. Die ÖBB müssen daher auch neue Mitarbeiter aufnehmen.

Soll der Personalstand längerfristig tatsächlich um 7.000 bis 10.000 Mitarbeiter reduziert werden, hieße dies, dass de facto 9.000 bis 12.000 Mitarbeiter abgebaut werden müssten. Über den natürlichen Abgang werden bis 2010 rund 5.000 bis 6.000 Eisenbahner den Konzern verlassen.

600 in Frühpension

Zu Jahresbeginn hatten die ÖBB zusätzlich 600 überzählige Mitarbeiter in Frühpension geschickt. Weitere "Zwangspensionierungen" habe es seither nicht mehr gegeben, versicherte das Management.

Über Golden Handshake oder durch die Vermietung an Dritte außerhalb des Konzerns haben die ÖBB im heurigen Jahr bisher 800 Mitarbeiter abgebaut. 750 hätten den Golden Handshake angenommen - im Durchschnitt etwas mehr als 25.000 Euro. 54 seien bisher zur Justizwache gewechselt, so der Personalchef. Nach ursprünglichen Plänen hätten 200 ÖBBler zur Justizwache wechseln sollen. Von den 500, die sich gemeldet haben, werde die Behörde nun aber voraussichtlich nur 100 nehmen.

Dafür hat der Flughafen Wien mittlerweile 300 zusätzliche Eisenbahner für Sicherheitskontrollen angefragt. Von den laut ÖBB derzeit 957 "überzähligen" Mitarbeiter, die im Konzern "ohne Beschäftigung" sind, habe sich jedoch keiner gemeldet. Zumindest 300 davon seien noch deutlich unter 50 Jahre alt und könnten durch eine erweiterte Dienstpflicht leichter neu eingesetzt werden, glaubt Nigl.

Bisher sind insgesamt 200 ÖBB-Mitarbeiter mit ihrer Zustimmung an dritte Unternehmen verleast worden, 220 haben innerhalb des ÖBB-Konzerns die Gesellschaft gewechselt. Wechselbereitschaft gebe es aber meist nur innerhalb des Tätigkeitsfeldes. "Verschieber wollen Verschieber bleiben. Das ist ein Kulturproblem", meinte der Personalchef. (APA)