Wien - Die Kritik an den Äußerungen von Finanzminister Karl-Heinz Grasser zur aktuellen Lohnpolitik hält an. Als "verantwortungslos und falsch" bezeichnet der stellvertretende Geschäftsführer der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Karl Proyer, die heutigen Aussagen von Grasser. SPÖ-Finanzsprecher Christoph Matznetter (SPÖ) sieht darin eine "unerträgliche" und "unzulässige" Einmischung in die Autonomie der Tarifverhandler.

Grasser solle sich seine Aufforderungen an die Sozialpartner, niedrigere Lohnabschlüsse durchzuführen, "sparen", meint Matznetter. Sowohl von Seiten der Gewerkschaft als auch der Arbeitgebervertreter sei ein sehr vernünftiger Lohnabschluss mit viel Augenmaß, aber eben unter Berücksichtigung der von Grasser mitverschuldeten "Rekordinflation" von fast drei Prozent abgeschlossen worden.

Realeinkommenszuwachs verdient

Die Beschäftigten in allen Branchen hätten einen Realeinkommenszuwachs verdient, betonte Proyer in einer Pressemitteilung. Lohnzurückhaltung wäre in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation das falsche Signal, da die stagnierende Kaufkraft längst eines der Hauptprobleme der österreichischen und europäischen Wirtschaft geworden sei.

"Die Zunahme von Dienstverhältnissen im Niedriglohnbereich und nicht zuletzt die Sozial- und Steuerpolitik der Regierung haben dazu geführt, dass große Teile der Erwerbstätigen mit stagnierenden und sinkenden Einkommen konfrontiert sind", so Proyer.

In dieser Situation von zu hohen Lohnabschlüssen zu reden, gehe an der Lebensrealität tausender Arbeiter und Angestellten vorbei und zeuge von einer großen Abgehobenheit des Finanzministers.

Die GPA werde sich in den kommenden Kollektivvertragsrunden sicher nicht an den Ratschlägen des Finanzministers oder an den Bedürfnissen der Europäischen Zentralbank orientieren, sondern an jenen der betroffenen Angestellten, betont Proyer. (APA)