Wien – Zerstörte Gebäude, unpassierbare Straßen, zerfetzte Strom- und Wasserleitungen: Neben den menschlichen Opfern ist auch die Infrastruktur in Pakistan durch die Erdstöße schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Regierung schätzt die Schäden auf umgerechnet mehr als vier Milliarden Euro. Ein Wert, der auch bei einem Erdbeben in Österreich erreicht werden könnte, warnt die Allianz-Versicherung – und forderte am Dienstag in einer Pressekonferenz neue gesetzliche Regelungen zur finanziellen Absicherung.

Vernichtende Starkbeben wie in Pakistan oder Japan sind in Österreich zwar aufgrund der geologischen Situation nicht möglich – durch den größeren Reichtum genügt aber schon ein mittelschweres Beben, etwa im Großraum Wien, um Milliardenschäden zu verursachen.

Schicksalsjahr 1950

Und solche Beben gab es in der Geschichte durchaus, betonte Olaf Novak von der Allianz-Rückversicherungsabteilung. Im Jahr 1590 führte ein Beben in Neulengbach zu schweren Schäden und Toten in Wien. Würde sich die Katastrophe in der selben Intensität wiederholen, "ist alleine mit versicherten Schäden in der Höhe von 1,5 bis 2 Milliarden Euro zu rechnen", ist Novak überzeugt.

Die Gefahr von Erdbeben werde in ganz Europa unterschätzt, meint der Geophysiker. In Österreich gäbe es alle zwei bis drei Jahre Erdstöße mit leichten Gebäudeschäden, alle fünf bis sieben Jahre kommt es zu mittleren Schäden – und im Schnitt alle 100 Jahre zu schweren Schäden. Zuletzt wurden im Oktober 1927 sämtliche Häuser in der Gemeinde Schwadorf im Wiener Becken beschädigt. Aus Versicherungssicht besonders gefährdet: Der Großraum Wien und Tirols Landeshauptstadt Innsbruck.

Bei der Allianz will man daher den Katastrophenfonds durch einen "Katastrophenpool" ersetzen, in den Versicherer und Staat einzahlen, der dafür aber Rechtsanspruch auf Leistungen bieten soll. (moe, DER STANDARD Printausgabe, 09.11.2005)