1757 schuf Ginori diese Deckelvase mit Porträt-medaillons der lothrin-gischen Herzoginnen.

Foto: Liechtenstein Museum
Wien - Als Handhaben des in schlichtem Weiß glasierten Weinkühlers dienen zwei große Masken mit Palmettenbekrönung und Akanthusbart. Auf der Wandung des Gefäßes erblühen botanisch exakt modellierte Blumenfestons heimischer Gartenblumen, darauf stilisierte Schmetterlinge. Diese, ehemals von der Manufaktur Du Paquier um 1740/44 für das Zisterzienserstift Neukloster (Wr. Neustadt) ausgeführte Leihgabe (MAK) ist Johann Kräftners liebstes Objekt der aktuellen Ausstellung Barocker Luxus Porzellan, welche die Manufakturen Du Paquier in Wien und Carlo Ginori in Florenz in den Mittelpunkt stellt.

Mehr als 300 Exponate gewähren Einblick in die Porzellanproduktion um die Mitte des 18. Jahrhunderts und dokumentieren eine der frühesten Sammelleidenschaft der Fürsten von Liechtenstein. Die Geschichte der Wiener Porzellanproduktion beginnt um 1718 und birgt Kapitel, an denen Krimiautoren helle Freude hätten: Industriespionage, Headhunting und Vandalismus inklusive.

Das Interesse an den ersten Experimenten und am Geheimnis der Porzellanerzeugung in Europa führte Claudius Innocentius Du Paquier nach Meißen, wo 1710 die erste Porzellanmanufaktur auf europäischem Boden gegründet worden war. Auf welche Weise der k.k. Hofkriegsagent in den Besitz des Arkanums gelangte ist nicht überliefert. Jedenfalls kehrte Du Paquier gemeinsam mit dem Emailmaler Christoph Konrad Hunger nach Wien zurück und beantragte das Patent auf die alleinigen Produktionsrechte von Porzellan innerhalb der österreichischen Erblande und begann mit der Produktion.

Aus Meißen akquiriert er weiters Samuel Stöltzel und vor Ort den Tapetenmaler Johann Gregorius Höroldt. Es blieb eine fachliche Stippvisite. Interne Unstimmigkeiten veranlassten Stöltzel 1720 mit Höroldt zur Rückkehr nach Meißen - nicht ohne davor Zerstörung zu hinterlassen: "Die vorräthige Porzellain Massa" wurde von ihm "mit Gips vermengt, und sie dadurch völlig unbrauchbar gemacht".

Viel größer war der Verlust Höroldts, der in Meißen schnell zum Obermaler avancierte und mit den legendären Höroldt-Chinoiserien gleich einen ganze Zweig der Porzellanmalerei prägte. Derweil stieg der Produktionsumfang in Wien und nährte den Ruf exquisiter Manufakturware.

Der Stil und die Variationsbreite an Formen und Dekoren waren europaweit kaum zu übertreffen. Das Ausstellungskonzept ist gewohnt geschlossen: Malerei, Kupferstich-Vorlagen und feinste Ausführungen des "weißen Goldes" stehen im Dialog. Indische Seidenstickerei begleitet in Form monumentaler, für den Prinzen Eugen von Savoyen gefertigter Wandbehänge die farbenprächtigen ostasiatischen Ornamente in der Dekormalerei Ginoris und Du Paquiers. Die in die Wandung eines Henkelkruges komponierte Malerei findet ihre Vorfahren auf einer Kabinettminiatur aus dem 17. Jahrhundert.

Den Schlussakkord setzt die Gegenüberstellung von Bronzeskulpturen, Wachsmodellen und Porzellangruppen der Manufaktur Ginori, deren Gründung 1737 wohl ohne den Wien-Besuch eines florentinischen Senators und der Besichtigung der Porzellanmanufaktur nicht stattgefunden hätte. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2005)