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Carlo Platzer will nun doch nicht Sturm-Präsident werden, dem Klub droht eine Führungskrise.

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Graz - Der österreichische Fußball-Traditionsklub Sturm Graz steckt in einer schweren Führungs- und Finanzkrise. Bei der Generalversammlung im Brauhaus Puntigam kam es am Dienstag auf Grund fehlender Wahlvorschläge nicht zur Wahl eines neuen Vorstandes. Zudem wurde bekannt, dass der Klub rund 5,7 Millionen Euro Verbindlichkeiten hat. Davon sind zwei Millionen Euro bis Sommer 2006 fällig.

Nicht zuletzt auf Grund der finanziellen Probleme und schwerer Altlasten zog Vizepräsident Carlo Platzer Stunden vor der Sitzung seine Kandidatur als Nachfolger von Sturm-Präsident Hannes Kartnig mit einer Wahlliste zurück. Kartnig, der eigentlich seinen "definitiven Rücktritt" als Klubchef angekündigt hatte, bleibt daher notgedrungen im Amt, bis in den kommenden drei bis vier Monaten eine neuerlich einberufene Generalversammlung einen neuen Vorstand bestellen soll.

Die alte Führung wurde am Dienstag nach längeren, teils hitzigen Debatten bei fünf Enthaltungen mit 98:55 Stimmen der Mitglieder zumindest entlastet. Das ehemalige Sturm-Vorstandsmitglied Erich Fuchs, der nur dank einer bei Gericht erwirkten einstweiligen Verfügung an der GV teilnahmeberechtigt war, störte mehrmals den Ablauf der Sitzung, bis das Präsidium um 22:30 Uhr kurzfristig sogar abtrat. Kartnig bezeichnete Fuchs, den er erst am Vortag begnadigt und als Mitglied wieder aufgenommen hatte, auf Grund von dessen Störaktionen als "Querulanten".

Alles fern von eitel Wonne - auch auf der finanziellen Seite. Laut Rechnungsprüfer Peter Imre beträgt das "negative Eigenkapital" 5,7 Millionen Euro. Dabei handle es sich aber nicht um "schlagende Verbindlichkeiten", sondern solche, die bis ins Jahr 2010 bedient werden müssen. Der Liquiditätsbedarf bis Sommer 2006 beträgt rund zwei Millionen Euro, die der Vorstand bis Sommer 2006 in Form von Garantien aufbringen muss. Es bleiben dann immer noch Restschulden von 3,7 Millionen Euro.

Spediteur Platzer hatte lediglich die Deckung von einer Million Euro vorgesehen und die Kandidatur mit seiner Liste an eine weitgehend schuldenfreie Übergabe des Vereins gekoppelt. "Bei den Gesprächen und Diskussionen musste ich feststellen, dass dies nicht der Fall sein wird. Erfolgs-Präsident Kartnig, der die Grazer zum ersten österreichischen Meister aus der Steiermark gemacht und 2000/2001 zum Gruppensieg und in die Zwischenrunde der Champions League geführt hatte, steht noch einmal vor großen Aufgaben.

"Wir müssen jetzt versuchen, einen neuen Vorstand zu Stande zu bringen, dann kann und werde ich endgültig zurücktreten", erklärte der Werbeagentur-Chef, der als "Zar Hannes" in die österreichischen Fußball-Analen eingeht. "Ich habe mich entschlossen, den Verein nicht alleine und im Stich zu lassen. Ich werde ihn weiterführen", sagte Kartnig, der selbst für einen Teil der Altlasten haftet.

Sturm-Trainer Michael Petrovic hatte die prekäre Situation im Gegensatz zu vielen anderen bereits vor Wochen erkannt. "Wir arbeiten schon seit ein paar Monaten so wie Deutschland - ohne Regierung", hatte der Coach die Führungskrise in der Vorwoche noch mit Humor genommen. Der könnte dem gebürtigen Serben bald vergehen, sollen beim aktuellen Tabellensiebenten doch Spieler ebenso abgebaut werden wie Spielergehälter.

Mit dem Ligarivalen Austria Magna besteht laut Angaben der Steirer ein Vertrag, der den Wienern das Auskaufen von drei beliebigen Sturm-Spielern aus ihren Verträgen ermöglicht.(APA)