Wien - Unterschiedliche Reaktionen hat am Mittwoch der Abschluss des Wague-Prozesses ausgelöst. Während Heinz Patzelt, Generalsekretär von amnesty international (ai) in Österreich, im gegenständlichen Fall ein "ruinöses, strukturelles Versagen der Polizei" ortete und strafrechtliche Folgen für die dafür Verantwortlichen verlangte, verwies der Sprecher von Innenministerin Liese Prokop (V), Johannes Rauch, auf die seit 2003 verbesserten Ausbildungsmaßnahmen der Exekutive.

"Vollkommen klar ist, wenn ein Mensch bei einem Polizeieinsatz stirbt, dass das immer sehr tragisch ist. Die Polizeiarbeit ist immer eine Gratwanderung. Umso wichtiger ist hier die Ausbildung", sagte Rauch. Die Sicherheitssprecherin des Freiheitlichen Parlamentsklubs, Helene Partik-Pable, kündigte wenig später per Presseaussendung an, "die generelle Ausbildung von Personen, die mit besonders aggressiven und gefährlichen Menschen zu tun haben" in Frage stellen zu wollen.

"In gutem Glauben gehandelt"

"Allein die FPÖ" stehe voll und ganz hinter der Polizei, offenbarte wiederum FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in einer Aussendung. Er äußerte darin die Befürchtung, durch das Urteil im Wague-Prozess werde "die Motivation der Polizeibeamten sinken". Die "nunmehr verurteilten Beamten" hätten "in gutem Glauben gehandelt", betonte Strache (Es wurde nur einer der sechs Polizisten schuldig gesprochen, Anm.).

SPÖ-Menschenrechtssprecher Walter Posch bewertete die Entscheidungen des Gerichts als "grundsätzlich positives Zeichen". Für die Wiener Grünen wurde mit den Urteilen "die Mitverantwortung des Innenministeriums und der handelnden Polizeibeamten bestätigt". Das Ministerium müsse jetzt "für eine flächendeckende, verbindliche Unterweisung von Polizisten über die Verhältnismäßigkeit von Gewalteinsatz bei Amtshandlungen sorgen", hieß es in einer Presseerklärung.

Funktionsmängel

Für amnesty international hat der Wague-Prozess schwerste Ausbildungs- und Organisationsmängel bei der Exekutive ans Tageslicht gebracht. Das "System der Ausbildner" habe offensichtlich nicht funktioniert, Wachkommandanten hätten dienstliche Anweisungen nicht weiter gegeben und ihre Aufgaben als Vorgesetzte nicht erfüllt, bemerkte Generalsekretär Patzelt. Unabhängige Gerichte sollten nun in einem zweiten Prozess prüfen, ob es in diesem Bereich zu kausalen, schuldhaften Rechtswidrigkeiten gekommen sei.

Patzelt trat im Zusammenhang mit Polizeiübergriffen für die Schaffung von "eigenen Ermittlergruppen im Justizbereich" ein, die in derartigen Fällen an Stelle des im Innenministerium angesiedelten Büros für Besondere Ermittlungen (BIA) sofort die Erhebungen übernehmen sollten.

Die Wiener Polizei wollte am Mittwoch vorerst keine Stellungnahme abgeben. Der stellvertretende Landespolizeikommandant Karl Mahrer erklärte, man wolle sich davor über die Urteilsbegründung informieren. (APA)