Die Schrecksekunde ist vorbei, die Volkspartei bleibt auf Kurs: Mögen die Gerichte sprechen, mag das Leben spielen, wie es will - über eine Homo-Ehe ist mit der selbst ernannten "ersten" Familienpartei des Landes nicht zu verhandeln. Die Debatte über Diskriminierungen und ihr mögliches Ende ist leeres Gerede, noch ehe sie wirklich begonnen hat.

Einen Augenblick lang hat es ja so ausgesehen, als müsste sich die schwarze Riege ins für sie Unvermeidliche fügen. Wenn der Menschenrechtsgerichtshof die österreichischen Höchstrichter zum Umdenken zwingt, da wird es ja auch für die Regierung kein Entkommen mehr geben - hätte man glauben können.

Welch naive Vorstellung! Straßburg und der Verfassungsgerichtshof geben im Gegenteil die Staffage für ein Propagandastück ab. Vorhang auf, die Retter des Abendlandes haben Aufstellung genommen - jetzt wird für die Wahl Position bezogen.

Die Justizministerin darf ein bisserl Profil zeigen. Da das politische Gewicht des BZÖ selbst mit der Apothekerwaage kaum noch feststellbar ist, droht von dieser Seite keine Gefahr. Den Grünen überlässt die Regierungspartei die enttäuschte Klientel gerne. Eine Frage der Abwägung: Schwule Wählerstimmen oder die Wucht der Döblinger Regimenter? - Da braucht eine konservative Partei nicht lange nachrechnen. Bleibt noch die SPÖ. Den geübten Taktikern auf der Regierungsbank hat die große Oppositionspartei schon in anderen Fragen keine Angst gemacht.

Und die Gerechtigkeit? Der Hofratsgattin in Wien-Hietzing und Graz-Maria Trost wird die ÖVP schon verständlich machen können, dass sie nicht diskriminiert wird und ihr die Mitversicherung mit dem Herrn Gatten erhalten bleibt. Die Sache war anders gemeint? Die ÖVP wird sich nicht verschließen, das nach der Wahl in einem Arbeitskreis diskutieren zu lassen. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2005)