Wien/Pristina - "Wir besuchen die Region innerhalb der nächsten zwei Wochen", sagt Albert Rohan dem Standard. Der nun offiziell ernannte Stellvertreter des UN-Sonderbeauftragten für die Kosovo-Verhandlungen, Martti Ahtisaari, wird die albanische und serbische Position vor Ort erkunden. Auch Ahtisaari kündigte an, nach Pristina, Belgrad, Podgorica, Tirana und Skopje zu fahren.

Das 40-köpfige UN-Verhandlungsteam, das für ein Jahr bestellt wurde, geht davon aus, dass es zu einer Verhandlungslösung kommt, sagt Rohan. Obwohl für Belgrad eine Unabhängigkeit der Provinz bislang nicht infrage kommt, die Kosovo-Albaner aber jede andere Option ablehnen. Die Strategie der UN-Verhandler ist, die Status-Frage zunächst nicht in den Vordergrund zu stellen. "Wir werden zuerst fragen, wie sich die Verhandlungspartner die Dezentralisierung der Gemeinden, den Schutz der Minderheiten und den Kampf gegen das Verbrechen vorstellen."

Status-Prozess

Die Kosovo-Serben und Belgrad würden aufgefordert, die vorgesehenen Plätze in den Institutionen einzunehmen. "Natürlich wünschen wir uns, dass es möglichst bald eine Lösung gibt, technisch könnte man das in ein paar Monaten machen", sagt Rohan. Allerdings komme es auf den politischen Willen an. Während der österreichischen Präsidentschaft soll "ein besseres Klima für den Status-Prozess" gefördert werden.

So könnten etwa eine Zollunion aller Balkanstaaten mit der EU und Visa-Erleichterungen geprüft werden. "Serbien wird aber kein beschleunigter EU-Beitritt angeboten", so Rohan. Eine Verbindung des Kosovo-Status mit einer Neudefinition der Republika Srpska komme nicht infrage. "Die Gesamtstaatlichkeit von Bosnien steht überhaupt nicht zur Diskussion", versichert Rohan. Auch das für April geplante Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro sollte keine "fatalen Auswirkungen" auf die Status-Frage haben.

Sanktionsmöglichkeiten eines internationalen Beauftragten, ähnlich wie in Bosnien, lehnt Rohan ab. "Wir sollten viel stärker und schneller auf die Selbstständigkeit der Institutionen hinarbeiten." Die Nato werde noch "für einige Zeit" für Sicherheit sorgen. Die EU werde wahrscheinlich für die Justiz, die Überwachung der Volksgruppenrechten und die wirtschaftliche Entwicklung zuständig sein. (awö/DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2005)