Die künftige Kanzlerin hingegen wirkt gelöst, nahezu heiter. Sie sitzt mit Stoiber, dem künftigen Vizekanzler Franz Müntefering und dessen designiertem Nachfolger als SPD-Chef, Matthias Platzeck, in der Berliner Bundespressekonferenz und erläutert die Details des Koalitionsvertrages. Doch es geht dabei auch um das Zwischenmenschliche. Merkel, Müntefering und Platzeck wollen noch etwas demonstrieren: dass sie gar nicht schlecht miteinander können.
Gemeinsames Gläschen Wein
Noch vor zehn Wochen warf die Union den "Sozen" Unfähigkeit vor, und die SPD attestierte Merkel "kalten Neoliberalismus". Jetzt aber hat man sich zusammengerauft, trinkt gemeinsam sogar schon ein Gläschen Wein. Die "Ossis" Merkel und Platzeck verstehen einander ohnehin gut. Beide Naturwissenschafter stammen aus Brandenburg und sind erst seit der Wende politisch aktiv. Aber auch Merkel und Müntefering schätzen mittlerweile die Verlässlichkeit des anderen. Merkel rechnet es "Münte" hoch an, dass er zuerst sie und dann die Öffentlichkeit über seinen Rückzug vom SPD-Vorsitz informiert hat.
Deshalb können sie auch gemeinsam über die "Richtlinienkompetenz" der Kanzlerin scherzen. "Es steht im Grundgesetz drin, dass sie die Richtlinienkompetenz hat. Aber es steht nicht drin, dass man sie anwenden muss", feixt Müntefering. "Es wird noch dazu kommen, dass mich ein sozialdemokratischer Minister um die Ausübung bitten wird", gibt Merkel unter Gelächter zurück.